ST2014 - Wittenberg: Brief an die Kirchen

Studientagung in Wittenberg                                       

Gerechter Friede in Ostasien
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Gemeinsam auf dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens

Brief an unsere Geschwister in Südkorea und Japan

Der Segen Gottes sei mit Euch,
der Segen des Schöpfers der Vielfalt und der Einheit,
der Segen des Versöhners und Erlösers,
der Segen des Trösters.

Wir, Mitglieder der Deutschen Ostasienmission (DOAM, Gründungsmitglied der EMS-Evangelische Mission in Solidarität und des BMW-Berliner Missionswerk) sowie Gäste aus Korea und Japan und Teilnehmende an der Konferenz „Gerechter Friede in Ostasien“ haben uns in Wittenberg, Deutschland (29. September – 1. Oktober 2014) versammelt.

Im Rahmen dieser Tagung feiern wir das 130-jährige Jubiläum der Ostasienmission und erinnern uns an eine reiche Geschichte voller Begegnungen mit euch, unseren Geschwistern in Südkorea und Japan. Wir erinnern uns an das gemeinsame Vertrauen, das über Jahrzehnte durch unsere gemeinsamen Anstrengungen für Demokratie, Menschenrechte, Gerechtigkeit und Frieden zwischen uns gewachsen ist und möchten unseren Dank ausdrücken für die vielen Gaben die wir von euch empfangen haben.



Gemeinsam blicken wir nun auch in die Zukunft und fragen, wozu wir heute berufen sind, und auf welche Art und Weise wir der Verantwortung Ausdruck verleihen können, die wir auf unserem ökumenischen und missionarischen Weg übernommen haben.

Inspiriert von der 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Busan, Südkorea, vor einem Jahr begrüßen wir die Einladung zum Ökumenischen Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens. Kirchen aus aller Welt, einschließlich eurer und unserer Gemeinden, haben versprochen sich gemeinsam auf den Weg der geistlichen Erneuerung und der prophetischen Berufung zu begeben. Wir wissen, dass wir dabei aufeinander angewiesen sind und auf die gewachsenen Beziehungen unter uns bauen können.

Heute in Wittenberg fragen wir: Welches sind angemessene Schritte auf dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens – für uns in Deutschland, für euch in Korea und Japan und für uns gemeinsam?

Wir beginnen, indem wir auf Gottes Wort hören:
„Könnte ich doch hören, was Gott der HERR redet,
dass er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen,
damit sie nicht in Torheit geraten.
Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten,
dass in unserm Lande Ehre wohne;
dass Güte und Treue einander begegnen,
Gerechtigkeit und Friede sich küssen;
dass Treue auf der Erde wachse
und Gerechtigkeit vom Himmel schaue;
dass uns auch der HERR Gutes tue
und unser Land seine Frucht gebe;
dass Gerechtigkeit vor ihm her gehe
und seinen Schritten folge. (Ps 85)


Mit diesem Brief möchten wir euch über unsere Beratungen informieren und euch einladen eure Ideen, Bedenken und eure Gebete mit uns zu teilen auf diesem neuen gemeinsamen Pilgerweg, denn wir wollen gemeinsam mit euch gehen.

Während unserer Tagung zum Thema „Gerechter Friede in Ostasien“, reflektierten wir unsere eigenen Erfahrungen und Schwächen bezüglich der Friedensbildung und unserem Einsatz für Gerechtigkeit. Wir erfuhren auch von den Herausforderungen, mit denen ihr zurzeit konfrontiert seid. Im Besonderen hörten wir...
-  von der anhaltenden Angst und dem Leid, dass aus der Nuklearkatastrophe in Fukushima erwachsen ist – aber auch von den wunderbaren Beispielen der Zusammenarbeit von Gläubigen verschiedener religiöser Traditionen bei der Unterstützung und seelsorgerischen Betreuung der Opfer.
-  von der wachsenden Militarisierung in der gesamten ostasiatischen Region – aber auch von dem herausragenden Mut einzelner Menschen und Gruppen, die das Risiko auf sich nehmen und sich gegen die Errichtung neuer Militärbasen in der Region einsetzen, wie in Gangjeong auf Jeju-Island/Südkorea und in Henoko auf Okinawa/Japan.
-  von der Kriminalisierung und der Bedrängnis der Kriegsdienstverweigerer in Südkorea, der Missachtung dieses grundlegenden Menschenrechtes und der Ungerechtigkeit der Freiheitsstrafe für Kriegsdienstverweigerer – aber auch dem herausragenden Zeugnis junger Männer, die trotz aller Diskriminierung und Ausgrenzungserfahrungen ihrer Überzeugung einer gewaltfreien Nachfolge Christi treu bleiben.
-  von den Verstößen gegen Artikel 9 der japanischen Friedensverfassung und den aktuellen Trends hin zu einer Remilitarisierung der japanischen Gesellschaft – aber auch der Energie und dem Mut, den es braucht, um gegen diese politischen Mächte aufzustehen.

Wir beginnen zu begreifen, wie auf diesem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens das Bedürfnis nach eurem, wie auch unserem Einsatz als „com-pan-ions“ – denjenigen, die das Brot miteinander teilen - wächst. Manchmal mag dieser Weg unangenehme Entscheidungen mit sich bringen oder uns in die Position einer Minderheit oder sogar in Opposition zu den „Mächten und Gewalten “ bringen. Wir brauchen einander. Wir senden euch unsere Gebete, unsere fortwährende Unterstützung, unsere Besuche und Einladungen, unsere Bereitschaft, euch auf euren Wegen zu begleiten, so wie auch wir euch bitten, uns zu begleiten.

Wir beten für euch um Weisheit, dass ihr diese gesellschaftlichen und politischen Bedrohungen im Licht des Wortes Gottes erkennen möget, und um Stärke und Mut, dass ihr dem Ruf auf Gottes Weg der Gerechtigkeit und Christi Weg des Friedens folgen möget.

Im Besonderen bitten wir euch diejenigen zu unterstützen, die
-  sich für die Rechte und die Unterstützung durch die Regierung für diejenigen Menschen einsetzen, die unter den Folgen der Nuklearkatastrophe in Fukushima leiden; und jene, die sich gegen die Nutzung der Kernenergie und für ein Verbot von Nuklearwaffen einsetzen.
-  gegen die Errichtung eines Militärhafens auf Jeju-Island und Okinawa protestieren.
-  das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung verteidigen, die Rechenschaft von der Regierung Südkoreas einfordern im Sinne des Internationalen Rechts (Gewissensfreiheit und Religionsfreiheit) und diejenigen, die seelsorgerliche Begleitung für alle leisten, die unter Ausschluss, Diskriminierung und Freiheitsstrafen leiden.
-  sich für Heilung, Versöhnung, Zusammenarbeit sowie einen Friedensvertrag auf der koreanischen Halbinsel einsetzen.
-  für eine Auslegung des Artikels 9 der japanischen Friedensverfassung eintreten, die der ursprünglichen Intention eines Verzichts auf militärische Einsätze entspricht.

In unserer vertrauensvollen Partnerschaft, bitten wir euch – im Gegenzug – von uns ebenso Rechenschaft zu fordern und uns ins Bewusstsein zu rufen, welche Art von Unterstützung ihr von uns, unseren Kirchen und Regierungen, benötigt und welche Erwartungen ihr an uns habt. Manchmal mögen wir gefangen sein in unseren eigenen begrenzten kontextuellen, kulturellen oder sogar konfessionellen und institutionellen Wahrnehmungen; manchmal mögen wir blind oder einseitig in unserem Denken, Urteilen und Handeln sein. Wir vertrauen darauf, dass ihr uns helfen werdet, all das zu erkennen, was notwendig ist, um mit euch als treue Weggefährten auf dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens zu gehen.

Gemeinsam beten wir: Gott des Lebens, führe uns zu Gerechtigkeit und Frieden!


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Deutsche Ostasienmission
c/o Ev. Mission in Solidarität, Vogelsangstr. 62, 70191 Stuttgart

 

Together on the Pilgrimage of Justice and Peace

Letter to our Sisters and Brothers in South Korea and Japan

Blessings to you, in the name of God,
the Creator of diversity and unity,
the Reconciler and Savior,
the Comforter.

We, members of the German East Asia Mission (DOAM, founding member of EMS-Evangelical Mission in Solidarity and BMW-Berlin Mission), guests from Korea and Japan, participants of the conference on “Just Peace in East Asia” are gathered in Wittenberg, Germany (29 September – 1 October 2014).

During this occasion, we are celebrating the 130th anniversary of our East Asia Mission agency, remembering a rich history of encounters with you, our Brothers and Sisters in Korea and Japan, recalling the mutual trust that has grown amongst us over the decades and through the many struggles for democracy, human rights, justice and peace, giving thanks for the many gifts we have received from you.

In addition, we look into the future and discern together, what we are called to be today, and how we could give expression to the responsibilities, which we have accepted in our continuing ecumenical and missionary journey.

Having been inspired by the 10th Assembly of the World Council of Churches in Busan one year ago, we welcome the invitation to an Ecumenical Pilgrimage of Justice and Peace. Churches from around the world, including you and us, have committed themselves to this common journey of spiritual renewal and prophetic calling. We know that we need each other on this journey and that we can build on the longstanding relationships between you and us.

Today in Wittenberg, we ask: what are the appropriate steps on this Pilgrimage of Justice and Peace – for us in Germany, for you in Korea and Japan, and for us together?
We start by listening to God:
“I will listen to what God the LORD says;
    he promises peace to his people, his faithful servants—
    but let them not turn to folly.
Surely his salvation is near those who fear him,
    that his glory may dwell in our land.
Love and faithfulness meet together;
    righteousness and peace kiss each other.
Faithfulness springs forth from the earth,
    and righteousness looks down from heaven.
The LORD will indeed give what is good,
    and our land will yield its harvest.
Righteousness goes before him
    and prepares the way for his steps.“ (Ps 85)


Writing this letter, we want to inform you about our deliberations and invite you to share your ideas, your concerns, and your prayers with us on this new joint pilgrimage. We intend to walk together with you.

During our conference on “Just Peace in East Asia”, we reflect on our own experiences and shortcomings in regard to building peace and advocating for justice, and we have been informed about the situations you are confronted with at this very moment. In particular,
- we have heard about the ongoing fear and suffering from the nuclear catastrophe in Fukushima – as well as the wonderful examples of believers from different religious traditions working together in efforts of counseling and support for the victims.
- We have heard about the growing militarization in the whole region of East Asia – as well as the outstanding courage of some individuals and groups, who take all risks to stand up against the construction of new military bases in the region, like Gangjeong in South Korea and Henoko at Okinawa/Japan.
- We have heard about the criminalization and hardship of conscientious objectors to military service in South Korea, the neglecting of this fundamental human right, and the injustice of imprisonment of COs – as well as the outstanding witness of those young men, who, despite all discrimination and experiences of exclusion, follow their commitment to a non-violent discipleship of Christ.
- We have heard about the threats to Article 9 of the Japanese Peace Constitution and the latest trends of a re-militarization within Japanese society – as well as the energy and courage it takes to stand up against those political powers.

We begin to realize, how the demands are growing for you, as well as for us, being ‘com-pan-ions’ – those who share the bread – on the Pilgrimage of Justice and Peace. At times, walking this path might lead us to unpopular decisions, and put us in minority positions, even in opposition to “principalities and powers”. We need each other.
We offer to you our prayers, our continuous support, our visits and invitations, our commitment to accompany you on your ways, as we ask you to accompany us.

We pray that you may find the wisdom to discern those societal and political threats in light of the Word of God, the strength and the courage to follow the call to God´s way of justice and to Christ´s way of peace.
In particular, we ask you to support those who
- advocate for the rights and governmental support to those who suffer from the results of the nuclear catastrophe in Fukushima; and those who advocate against the use of nuclear power and for a ban on nuclear weapons;
- protest against the construction of the military marine port on Jeju-Island and on Okinawa.
- defend the human right to conscientious objection to military service, who hold the government of South Korea accountable to international law (freedom of conscience and religious freedom), and who provide counseling to all, who suffer from exclusion, discrimination, and imprisonment.
- work for healing, reconciliation, cooperation and a peace treaty on the Korean Peninsula
- advocate for an interpretation of Article 9 of the Japanese Peace Constitution, that follows the original intention of no military engagement.

In our faithful partnership, we ask you – in return – to hold us accountable, and to alert us to needs and demands, that you might see for us, our churches and our governments. At times, we might be caught up in our own limited contextual or cultural or even denominational and institutional awareness, we might be ‘blind’ or one-sided in our ways of thinking, reasoning, and acting. We trust, that you will help us to see what is necessary in order to be faithful companions on the Pilgrimage of Justice and Peace.

Together we pray: God of life, lead us to justice and peace!







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