Weihnachten u.a. in Japan

Pfr. Tim Boyle teilt uns seine Begegnungen mit Weihnacht in Japan mit.

Pfr. Boyle arbeitet als Missionar des Kyodan (Vereinigte Kirche Christi in Japan) im Buraku-Befreiungszentrum in Osaka
Quelle: Kyodan Newsletter Nr. 350, Dezember 2008.

 

Weihnachten in Japan

Rudyard Kiplings berühmten Wort: "East is East and West is West and never the twain shall meet“ hat gewiß ein Körnchen Wahrheit in sich, aber die beiden haben sich auf vielerlei Weisen getroffen, sowohl die japanische als auch die nordamerikanische Kultur, die unterschiedlichen Traditionen und sogar Moden sind jeweils vom andern importiert worden. Dieser Austausch ging größtenteils von Nordamerika aus nach Japan, seitdem sich Japan vor 150 Jahren der Außenwelt geöffnet hat; aber in den letzten Jahren hat es einen beachtlichen Austausch in der anderen Richtung gegeben: die Beliebtheit von Pokemon und ähnlichen Phänomenen bezeugen dies.

Weihnachten soll jedoch Fokus dieses Artikels sein. Mein erstes Weihnachten in Japan erlebte ich 1971. Ich habe sowohl das Vertraute entdeckt als auch Neues in dem, wie Weihnachten hier gefeiert wird. Die japanischen Menschen sind für ihre Neigung Feste zu feiern bekannt, besonders zu solchen, die kommerziellen Zwecken leicht angepasst werden können. Weihnachten ist nicht die einzige Ferienzeit, die so genutzt worden ist, aber es steht am der Spitze ähnlicher Feste. Zum Vergleich: der Valentinstag wurde importiert, weil er ein sicheres Mittel dafür war, den Verkauf von Schokolade zu steigern. Die Japaner gingen aber noch weiter: Ein "Weißer Tag" wurde geschaffen, einen Monat später, am 14. März. Es wurde der Tag, an dem diejenigen, die einen beschenkt hatten, nun ein Geschenk zurück erhielten.

Der Osterhase hat jedoch vielleicht glücklicherweise wenig Akzeptanz gefunden, nicht ein Mal in der Kirche. Ostern wird verhältnismäßig wenig gefeiert, was wohl schon am Datum scheitert: Das Datum ändert sich jedes Jahr und, noch wichtiger, um diese Zeit, am 31. März, werden die Jahresabschlüsse gefertig und das Schuljahr geht zu Ende. Am 1. April beginnt das Jahr neu.

Relativ neu ist der Import eines anderen nordamerikanischen Festes, dem eine ungewöhnliche Wendung zu Weihnachten genommen hat. Halloween wird in den japanischen Medien als ein "christliches Fest" (welch ein Missverständnis) bezeichnet, was auf einen erstaunlichen Synkretismus hinweist; hier habe ich meinen ersten "Halloween-Baum“ gesehen“. Er war einem Weihnachtsbaum sehr ähnlich, nur der Baumschmuck wies eine Vielfalt von Halloween-Bildern auf wie weiße Geister, Skelette, und schwarze Hexen auf Besenstielen. Der Baum war ziemlich attraktiv, selbst noch als Missverständnis, und wer weiß, vielleicht findet bald ein neuer Rückimport in die USA statt.

Weihnachten beginnt in Japan viel früher als in den USA, weil es eben keine Tradition des Wartens bis zum Ende November gibt (entsprechend der Zeit vom "tanksgiving day“ mit Truthahn bis zum Aufhängen der Weihnachtsdekorationen. Bilder des Weihnachtsmannes die irumineishon sind übrigens sogar in den privaten Haushalten üblich geworden. (Falls dieses japanische Wort Sie verwirrt: es ist ein Fremdwort aus dem Amerikanischen: illumination. Viele Wörter werden auf diese Weise importiert und dann ans japanische phonetische System angepasst).

Nordamerikanische Christen bejammern häufig die Kommerzialisierung von Weihnachten und drücken ihren Wunsch so aus, "Bringt Christus zurück ins Weihnachtsfest." Während der echte "Grund für die Jahreszeit" in Nordamerika viel Boden verloren hat, hat er in der Meinung des durchschnittlichen Japaners nie Boden unter die Füße bekommen. Der grösste Teil der Japaner akzeptiert Weihnachten als ein "christliches Fest“. Aber vor ein paar Jahren hörte ich eine japanische Person, die die Weihnachts-Dekoration in der Vorhalle einer Kirche betrachtete: "feiern sogar die Kirchen Christmas!". Oft fehlt die historische Einordnung, was dann zu allen möglichen Assoziationen führt wie der beliebte "Kerzenlicht-Dienst", oder das Singen von "Stille Nacht" während der Jahresschlussparty - selbst wenn kein einziger Christ in der Gruppe ist. Es ist die schöne Atmosphäre, die die Japaner attraktiv finden, und das auch der primäre Grund dafür, dass christlich-ähnliche Hochzeiten gefeiert werden.

Etwas abseits vom weihnachtlichen Thema: Der andere Nachkriegsimport hat doch einige interessante Verbindungen zum Thema. Japanische junge Leute bevorzugen den "Zauber", den „Glanz“ und die Betonung der Liebe, die in christlich-ähnlichen Hochzeiten vorzufinden sind. So wird die Mehrheit aller japanischen Hochzeiten jetzt in sog. Hochzeitskapellen durchgeführt, die häufig als schöne christliche architektonische Gebäude sind, direkt auf dem Grundstück eines Hotels erbaut und auch exklusiv für kommerzielle Zwecke. Einmal entdeckte ich eine solche Hochzeitskapelle, die tatsächlich dieses Phänomen mit dem Thema Weihnachten direkt zu verbinden wußte. In der Nähe des Narita-Flughafens, liegt die „Hotelkapelle Weihnachten", eine Kombination von Hotel und und Hochzeitskapelle mit einer riesigen Statue eines Weihnachtsmannes, der Leute zum Eintreten einlädt.

So ist Weihnachten in Japan eine Mischung des Vertraute und Exotischen. Als ein christlicher Missionar zu diesem Land, klage ich manchmal über die Seichtheit und Naivität, wie christliche Feste gefeiert werden. Dennoch ist diese Jahreszeit die bbeste Gelegenheiten mit Leuten Gespräche zu führen und ihre Aufmerksamkeit auf Jesus zu lenken. So nutzen wir jede Gelegenheit, der Anziehungskraft des Weihnachtsfestes auf die Japaner die Richtung auf Jesus zu geben. So wird der Same des Glaubens gesät, der dann im Laufe des Jahres aufgehen kann.

Ich wünsche Ihnen ein fröhliches Weihnachtsfest, wo immer Sie auch leben.