Ausstellung: Hidden Agenda

YOO Jae-Hyun
Hidden Agenda  -  Seoul - Berlin - Pjöngjang
Ausstellung 

Hidden Agenda – Seoul - Berlin - Pjöngjang


Raum- und Videoinstallationen, Dokumentation, 
Jae-Hyun Yoo

Öffnungszeiten: Do-So, 15-19 Uhr


Vernissage: Freitag, 31. Oktober 2014, 19h
Ausstellungsdauer: 01. November - 28. November 2014

Vortrag/ Diskussion: Montag, 03.11.2014, 19 Uhr
Dr. Liana Kang-Schmitz (Politikwissenschaftlerin): “Grenzgänger – Leben zwischen Ost und West”

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Anlässlich der Präsidentschaftswahlen in Südkorea 2012 und des diesjährigen 25. Jahrestags des Berliner Mauerfalls thematisiert der koreanische Künstler Jae-Hyun Yoo* im okk/raum29 in Berlin-Wedding in seiner ersten Multimedia-Einzelausstellung den stillgestellten Konflikt zwischen den beiden koreanischen Staaten.
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Im Ergebnis eines Stellvertreter-Krieges – der aus dem 2. Weltkrieg hervorgegangenen Supermächte – ist die koreanische Nation in zwei Staaten geteilt, die sich offiziell bis heute im Krieg befinden. Dieser eingefrorene Zustand eines früheren militärischen Hot Spots war lange Jahre ein lebendes Bild des Kalten Krieges und ist heute ein seltsames Überbleibsel eines vergangenen Zeitalters. In der betroffenen Nation aber ist er unbewältigt, öffentlich und unterschwellig wirksam und prägt die Haltungen und das Bewusstsein in beiden Staaten.

Sich mit diesem Thema in Berlin auseinanderzusetzen, ist Yoo besonders wichtig, weil die Teilung Deutschlands weithin überwunden, aber hier bis heute noch immer plastisch präsent ist. Die vexierende Verdopplung der Perspektiven soll im Bekannten das Unverständliche, im Fremden das Bekannte widerscheinen lassen, um die Unvertrautheit des politisch Alltäglichen sichtbar zu machen.

Mit minimalistischen Installationsarbeiten sucht der Künstler darzustellen, wie wenig reflexartige Schuldzuweisungen geeignet sind, die an der Oberfläche eindeutige, unterschwellig aber verworrene Lage in Korea zu beurteilen, denn beide Seiten sind mit bis ins Absurde gesteigerter Propaganda und anachronistischen politischen Praktiken darum bemüht, den je gewachsenen und forcierten gesellschaftlichen Konsens der Gegnerschaft aufrechtzuerhalten. Er setzt dazu Darstellungen von propagandistischen Inszenierungen und Monumenten ein und zeigt Dokumente und Konsequenzen einer Politik der Kontaktsperren, die sich bis in Auslandscommunities von Koreaner/innen auswirken. Die Prägung der innenpolitischen Physiognomie beider Staaten macht er im Spiegel offiziöser Symbole sichtbar, die zeigen, wie die konfliktgeladene Lage alltägliche Überwachung veranlasst, staatliche Kontrolle legitimiert und die Individuen bis heute zwingt, eindeutig Partei zu ergreifen und er dokumentiert im Westen unbekannte Fälle persönlicher Schicksale, die vom Konflikt gezeichnet sind.

Die Politikwissenschaftlerin Dr. Liana Kang-Schmitz wird in ihrem Vortrag “Grenzgänger – Leben zwischen Ost und West” darstellen, wie das Leben von Nord- und Südkoreaner/innen in Deutschland durch den Kalten Krieg beeinflusst wurde. Sie wird die Motive nordkoreanischer Student/innen in der DDR erläutern, die in die BRD flohen und die Barrieren des Misstrauens schildern, die von westlichen Behörden und im Westteil Deutschlands lebenden Südkoreaner/innen errichtet wurden. Sie wird von Lebensumständen berichten, die durch erzwungene Verborgenheit mitten in westlichen Konsumgesellschaften geprägt waren und ihre Folgen für das private Leben schildern. Sie wird dabei auch auf die sogenannte „Ostberliner Geheimdienstaffäre“ eingehen, die ein alle Erwartungen westlicher Zuschauer/innen durchkreuzendes Ereignis der Zeitgeschichte war und den Anstoß für die Wahl des Titels der Ausstellung gab.
Nicht zuletzt wird sie erörtern, wie sich die Situation für die zweite Generation der in Deutschland lebenden Koreaner/innen darstellt und welche Positionen, Haltungen und Probleme ihr Selbstverständnis heute bestimmen.

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Zur Person:
Jae-Hyun Yoo ist bildender Künstler, geboren in Gyeongju/ Südkorea und lebt und arbeitet seit 2002 in Berlin.
Nach seinem Studium B.F.A, Bildende Kunst und Philosophie an der Sungkyunkwan Universität, Seoul/ Südkorea und an der University of New South Wales, Sydney/ Australien (NICA Austausch Student Programm) studierte er Medienkunst bei Prof. Katharina Sieverding an der Universität der Künste Berlin (Meisterschüler).
Er erhielt verschiedene Stipendien und Preise: Projektförderung im Bereich Bildende Kunst durch die Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten für Hidden Agenda (2014); Reisestipendium des Instituts für Auslandsbeziehungen (IFA) nach Südkorea und New York zusammen mit der Künstlergruppe “Global Alien” (2012); Projektförderung durch das Arts Council Korea (2011); Website-Förderung im Bereich Bildende Kunst durch die Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten (www.artyoo.net); Reisestipendium des Instituts für Auslandsbeziehungen (IFA) nach Südkorea; Artist in Resident am Gyeonggi Creation Center, Südkorea (2010); Projektförderung im Bereich Bildende Kunst durch die Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten (2009); Projektförderung durch das Arts Council Korea (2007–2008); Preisträger der Kurt Eisner Kulturstiftung München (2006); DAAD Stipendium (2005 und 2006); 5th Ssamzie Space International Artist Residence Program, Seoul/ Südkorea (2003).
2005 initiierte er die internationale KünstlerInnengruppe „Global Alien“.

Dr. Liana Kang-Schmitz ist die Tochter eines nordkoreanischen Vaters und einer westdeutschen Mutter und wurde 1966 in Aachen geboren. Ihr Vater kam als Student in die DDR und floh 1960 nach West-Berlin.
Ihre Dissertation untersucht die Beziehungen zwischen Nordkorea und der DDR, zu denen auch die Ausbildung nordkoreanischer Studenten an ostdeutschen Universitäten gehörte. Die profund recherchierte Studie heißt: "Nordkoreas Umgang mit Abhängigkeit und Sicherheitsrisiko – Am Beispiel der bilateralen Beziehungen zur DDR" (epuli, 394 Seiten, 49,90 Euro)