Streit um das Vier-Flüsse-Projekt

von Dr. Malte Rhinow

Wer vom Flughafen Incheon nach Seoul fährt, sieht auf einer Strecke von knapp 10 km auf der linken Seit einen tiefen Kanal, der das Meer mit dem Hanfluss verbindet.1 Nach seinem Amtsantritt am 25. Februar 2008 wollte Suedkoreas Präsident Lee, Myung-Bak von hier bis zu Mündung des Nakdong-Flusses bei Busan eine Schiffsverbindung längs durch die koreanische Halbinsel bauen.2 Auf diese Idee war er wohl 2006 bei einem Besuch des Rhein-Main-Donau-Kanals gekommen.3 Auch hatte er sich als Bürgermeister der Stadt Seoul (2002-2006) insbesondere durch die Freilegung des zubetonierten Cheonggye-Bachs (2003-2005) profiliert, der sich schnell zu einem beliebten Stadtpark entwickelte.4 Wegen massiver Proteste vonseiten der Bevölkerung versprach Lee am 19. Juni 2008, auf die Kanalverbindung zwischen Han-Fluss und Nakdong-Fluss zu verzichten.5 Umso verblüffter war die Öffentlichkeit, als Lee schon zum Jahreswechsel ein Projekt ankündigte, das er "Wiederbelebung der vier großen Flüsse" (사대강살리기) nannte.6 Am 12. November war Spatenstich. Bis zur Fertigstellung im Jahre 2012 soll das größte Bauprojekt in der Geschichte Südkoreas ca. 18 Mrd. USD kosten..7 Die Haushaltsgenehmigungspflicht durch das Parlament wurde dabei per Gesetzesänderung umgangen.8 Die Umweltverträglichkeitsstudie ist in nur vier Monaten erstellt worden.9

Das Projekt umfasst eine Gesamtstrecke von 634 km.10 Die vier Flüsse werden bis zu 7 m tief ausgebaggert, und mit 16 Staustufen versehen, die bis zu 13,2 m hoch und bis zu 953 m lang sind11 und über Wasserturbinen verfügen. Dies soll angesichts der Klimaveränderung und Energiekrise langfristig die Trinkwasserversorgung garantieren, die sommerlichen Überflutungen eindämmen und zur Stromversorgung beitragen.12 Der Regierung zufolge geht es um die "Vorbereitung auf den Klimawandel", die, die "Harmonie von Natur und Mensch", "grünes Wachstum", eine "austarierte Entwicklung der Regionen", die Bereitstellung von Erholungslandschaften für die Bevölkerung, sowie um die Schaffung von ca. 300.000 Arbeitsplätzen.13 Insbesondere Freizeitparks, Wassersporteinrichtungen und 1700 km Fuß- und Radwege sollen das Projekt attraktiv machen.

Hauptkritikpunkt sind die ökologischen Folgen. Das Projekt ist zwar bei der UN-Umweltschutsorganisation UNEP als Global Green New Deal Projekt anerkannt.14 Dennoch sind gravierende Umweltprobleme zu erwarten. Durch die Erhöhung des Wasserpegels und die Anlage von Freizeitparks werden wichtige Vogelreservoirs vernichtet.15 Für einige vom Aussterben bedrohte Zugvögelarten dürfte dies das Todesurteil sein. Auch seltene Pflanzen und andere Tierarten sind bedroht.16 Tausende von Wissenschaftlern aus Südkorea17 und anderen Ländern,,18 sowie führende Vertreter der Religionen19 haben einen Stopp des Projekts gefordert.

Dr. Malte Rhinow, Luther University Yongin, Südkorea, ökumenischer Mitarbeiter von Mission EineWelt, Neuendettelsau

 201109 vierfluesse_500


Anmerkungen:
http://www.birdskorea.org/Habitats/4-Rivers/BK-HA-4-Rivers.shtml
http://www.kncc.or.kr/Project/BoardView.asp?idx=2639&bbsKind=bbs_envrons&pg=1&sch=&keyword=);

1 Der Kanal ist auch im Satellitenbild unter http://maps.google.com/ deutlich zu erkennen.
2 Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Grand_Korean_Waterway ; im Koreanischen hiess das Projekt "??? ???".
3 Vgl. http://www.hanamana.de/hana/index.php?option=com_content&view=article&id=277:was-hat-das-suedkoreanische-flussprojekt-mit-deutschland-zu-tun&catid=8&Itemid=15.
4 Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Cheonggyecheon.
5 Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Lee_Myung-bak; am 8. September wurde der Beschluss offiziell bestaetigt (vgl. ebd.).
6 Am 8. Juni 2009 wurde der Masterplan der Oeffentlichkeit vorgestellt (vgl. http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/internat/uias0048.html); zum Masterplan vgl. http://www.mltm.go.kr/ebook/4river_masterplan/EBook.htm (Koreanisch).
7 Vgl. http://www.heise.de/tp/artikel/31/31473/1.html;
8 Vgl. http://www.hanamana.de/hana/index.php?option=com_content&view=article&id=277:was-hat-das-suedkoreanische-flussprojekt-mit-deutschland-zu-tun&catid=8&Itemid=15.
9 Vgl. ebd..
10 Vgl. ebd.; nach http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/internat/uias0048.html sind 691 km betroffen; http://www.heise.de/tp/artikel/31/31473/1.html spricht gar von 3000 km. .
11 Vgl. http://www.hanamana.de/hana/index.php?option=com_content&view=article&id=277:was-hat-das-suedkoreanische-flussprojekt-mit-deutschland-zu-tun&catid=8&Itemid=15.
12 Vgl. http://www.heise.de/tp/artikel/31/31473/1.html.
13 Vgl. ebd.; vgl. auch den Masterplan (s.o. Anm. 6).
14 Vgl. http://www.hanamana.de/hana/index.php?option=com_content&view=article&id=277:was-hat-das-suedkoreanische-flussprojekt-mit-deutschland-zu-tun&catid=8&Itemid=15.
15 Vgl. http://www.birdskorea.org/Habitats/4-Rivers/BK-HA-4-Rivers.shtml.
16 Vgl. Science Nr. 5973 vom 26. Maerz 2010 (Volume 327), S. 1568-1570; vgl. auch die website der Tageszeitung Hankyoreh http://www.hani.co.kr/arti/english_edition/e_national/382840.html.
17 Die Zeitschrift Science spricht von 2800 Wissenschaftlern (vgl. Science Nr. 5973 vom 26. Maerz 2010 (Volume 327), S. 1568-1570); http://www.hanamana.de/hana/index.php?option=com_content&view=article&id=277:was-hat-das-suedkoreanische-flussprojekt-mit-deutschland-zu-tun&catid=8&Itemid=15 von 2500 Professoren.
18 Darunter z.B. Prof. Dr. Hans Helmut Bernhart von der Universitaet Karlsruhe (zu seiner dreisprachigen Stellungnahme vgl. http://jkspace.or.kr/xe/19386).
19 So z.B. viele Buddhisten, Protestanten und Katholiken; am 25. Mai 2010 trafen sich Vertreter verschiedener Religionen zu einem gegen das Projekt gerichteten Symposion (vgl. http://www.kncc.or.kr/Project/BoardView.asp?idx=2639&bbsKind=bbs_envrons&pg=1&sch=&keyword=); der KNCC veranstaltete z.B. am 29. April 2010 einen Gebetsgottesdienst zur Bewahrung der vier Fluesse in der Anglikanischen Kathedrale in Seoul; auch die jaehrlichen vom KNCC-Komittee fuer Kirche und Gesellschaft organisierten Umweltgottesdienste (?? ?? ???) widmen sich dem Thema; die katholische Bischofskonferenz in Korea veroeffentlichte am 27. Oktober 2010 eine Kritik am Projekt (vgl. http://www.cbck.or.kr/bbs/bbs_read.asp?board_id=K1300&bid=13006413&page=5&key=&keyword=&cat=) (Koreanisch); Kardinal Jin-Seok Jeong (???), der sich von dem Beschluss anschliessend distanzierte, wurde heftig kritisiert und zum Ruecktritt aufgefordert; fuer Ende 2011 kuendigte er kuerzlich tatsaechlich seinen Ruecktritt als Erzbischof von Seoul an.

 

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