ST2014 - Wittenberg: Bibelarbeit Pfr. Rhee

Studientagung in Wittenberg, 2014

Bibelarbeit zu Hesekiel 37
Pfarrer RHEE Kwon Ho, Ludwigsburg


1. Bewegung: der Anfang der Mission


„Die Hand Gottes kam über mich.“ So lautet in einer anderen deutschen Übersetzung der erste Satz dieses Kapitels. Gott ergreift den Propheten und führt ihn hinaus „in seinem Geist“. So beginnt diese Geschichte und die Missionsgeschichte fängt immer auf solche Art und Weise an: im Heiligen Geist ergriffen und hinausgeführt zu werden!

Wie Sie schon gut wissen, hat das Buch Hesekiel das babylonische Exil als seinen historischen Hintergrund. Nachdem Jerusalem von Nebukadnezar dem Zweiten im Jahr 598 vor Christus zerstört worden war, wurde Hesekiel mit anderen Israeliten nach Babylon verschleppt. Und dort wirkt er als Prophet. In Bezug auf seine Berufung zum Propheten wird im Buch Hesekiel Kapitel 1 Vers 1 folgendes geschrieben: „Es begab sich im dreißigsten Jahre, am fünften Tage des vierten Monats, als ich unter den Gefangenen war am Fluss Kebar, dass sich der Himmel öffnete und ich Erscheinungen Gottes sah.“

In seiner Gefangenschaft ließ Gott Hesekiel einfach nicht in Ruhe. Er ließ ihn nicht die Hände falten. Gott ließ den Propheten nicht in den Abgrund der Verzweiflung und der Resignation fallen. Sondern Gott ergreift Hesekiel, führt ihn in seinem Geist aus dem Abgrund hinaus und setzt ihn in Bewegung.

Wind ist die bewegte Luft. Wind bewegt sich und bewegt die anderen. Niemand kann ihn sehen. Niemand kann ihn in seiner Hand halten. Aber wenn ein Wind weht, kann ihn jeder spüren. Der Wind schenkt Kraft und bringt Bewegung. So wirkt der Heilige Geist. Gott ist in seinem Geist immer in Aktion. Und jeder, der vom Heiligen Geist ergriffen ist, kann nicht mehr ruhig sitzen bleiben. Er muss sich auf einen Weg machen. Ja, Muss! Denn der Heilige Geist führt ihn immer hinaus.

Die Pilgerschaft ist eine wesentliche Form des christlichen Lebens: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir (Hebräer 13,14).


2. Das Tal des Todes: die Realität des Missionsfelds

Aber wohin führt der Heilige Geist den Propheten Hesekiel? Wohin wird er gesendet?
Auf ein Feld (oder in ein Tal), auf dem zahlreiche vertrocknete Knochen herumliegen. Ein Anblick von „Killing Fields“. Und er macht die Realität der Israeliten kenntlich: Der Absturz des Landes und die babylonische Gefangenschaft.

Sie klagen selber: „Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns(v.12)!“ Keine Hoffnung mehr. Die bittere Erfahrung der Gottverlassenheit. Die Situation, die von der Gewalt des Todes gefesselt ist.
Und da muss der Prophet seinen Auftrag erfüllen. Er muss das Wort Gottes verkündigen.

Der Zweifel an der Wirkung seiner Arbeit ergreift ihn immer wieder. Auf die Frage Gottes, ob die Gebeine wieder lebendig werden, kann er nur antworten mit: „Herr, das weißt du wohl!“
Der Prophet weiß nicht, welches Ergebnis aus seiner missionarischen Tätigkeit erwächst. Damit kann er gar nicht rechnen. Aber was kann dann möglich werden? Auf dem Feld des Todes - kann man denn da etwas erwarten? Eine rationale Antwort gibt es dafür nicht.

Nur durch Glauben kann man es wagen, die Mission Gottes zu übernehmen. Denn erst durch Glauben, den der Heilige Geist uns schenkt, kann man die Hoffnung haben. Die Hoffnung bedeutet zuerst, eine ganz neue Vision zu haben: Das heißt, über die Grenze hinüber die neue Wirklichkeit, die der Heilige Geist schafft, zu sehen.

So hat Hesekiel eine neue Vision und in der Vision erfährt er, wie aus der grausamen Gegenwart eine ganz andere Zukunft entsteht. Wie aus dem Boden der Verzweiflung ein Baum der Hoffnung aufwächst.

Ich frage mich oft: Was ist der Grund der Krise in den evangelischen Kirchen Koreas heutzutage? Wie Sie gut wissen, wird der Trend des Wachstums schon schwächer, und in der koreanischen Gesellschaft wird die Kritik an den Kirchen immer lauter und schärfer. Man kann viele Ursachen dafür erwähnen. Aber mir fällt vor allem eine Antwort ein: Die evangelischen Kirchen in Korea haben zu viel. Und deshalb verlieren sie den Mut, sich auf den Weg zu machen. Sie beginnen doch damit, sich selber für ihren Besitz zu loben und ihn für eigene Interessen zu verwenden. Statt dass sie sich selbst erniedrigen und den Menschen dienen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt und entfremdet werden, trachten sie danach, ihre eigene Herrlichkeit und Macht in der Welt vorzuzeigen und für ihre eigenen Interessen zu verwenden.
Aber wo steht nun der Prophet? Wo predigt der Täufer Johannes eine Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden? Nicht in einem Palast, sondern in einer Wüste, nicht wahr?

Es ist für die Mission ein Privileg, nur leichtes Gepäck zu haben.


3. Versöhnung und Frieden: das Resultat der Mission

„Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist über euch kommt.“ So verspricht es unser Herr Jesus. In dem Heiligen Geist erfahren wir die Kraft, die Kraft des Lebens.
Der Heilige Geist schenkt das Leben und bewahrt es. Ein neues Leben mit Glauben und Hoffnung ist sein Werk. Und in diesem Leben werden die neuen Beziehungen, die von Liebe voll sind, verwirklicht: Die versöhnenden und friedlichen Beziehungen zwischen den Menschen.

In seiner Vision erfährt der Prophet Hesekiel die Einheit des Volkes. So können wir im Heiligen Geist auf die friedliche Wiedervereinigung Koreas hoffen. Und so können wir die Realität erwarten, in der die Gerechtigkeit und der Friede sich küssen. Der Heilige Geist verbindet und schenkt Einheit.

Wir sind schwach und wir sind arm. Vielleicht scheint es, dass wir nichts tun. Aber im Heiligen Geist sind wir stark und reich. In Ihm sind wir sein Werkzeug für die Gerechtigkeit und den Frieden.

Liebe Geschwister, denken Sie an den Adler, der am Firmament fliegt! Ohne mit den Flügeln zu schlagen, befindet er sich im Dauerflug. Wie ist dies möglich?
Denken Sie nur an die Zugvögel, die Tausende von Kilometern fliegen! Wo liegt der Grund dafür, dass sie mit einem so kleinen Körper so weite Strecken fliegen können?
Stellen Sie sich jetzt mal die Segler vor! Obwohl keine Triebkraft vorhanden ist, fliegen sie über die fünf Weltmeere. Wie ist dies möglich?

Möglich ist dies wegen des Windes. Es ist möglich, weil der Wind weht und die Flügel von unten her trägt. Weil der Wind weht und dadurch die Segel gestrafft werden. Wenn der Wind des Heiligen Geistes weht und die Flügel unseres Glaubens trägt und wenn wir unsere Körper dem Wind des Heiligen Geistes anvertrauen, können wir die Hindernisse der Erde überwinden und gen Himmel steigen. Wenn der Wind des Heiligen Geistes weht und die Segel unserer Gemeinschaft strafft, wenn er die vielen Segel unserer Kirchen strafft, können wir diese Entmutigung und den Hafen der Ruhe verlassen und frei über den breiten und weit ausgedehnten Ozean schweben.

Heiliger Geist, komme und wehe heute hier an diesem Ort! Wehe über unsere Gedanken, unsere Herzen und unsere Leben! Und lass uns dadurch einen neuen Traum träumen und neue Kraft schöpfen!
Heiliger Geist, wehe in der Deutschen Ostasienmission, in den Kirchen in Deutschland und in Korea! Erfülle sie mit dem Traum des Lebens und mit Kraft! Lass dies unser Gebet werden!


Dies muss unser Traum sein.
Dies muss unser Glaube sein, so dass die in Verzweiflung und Tod eingeschlossene Welt im Namen Jesu Christi aufstehen und umher springen und singen kann. Bis zu jenem Tag müssen wir Menschen des Heiligen Geistes sein.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!








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