2013 Arnoldshain - Einführung

2.- 4. April 2013


Vorbereitungstagung für die ÖRK-Vollversammlung in Korea

"Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden"

 

 

 

 

Werner Gebert 

Einführung

 

Vorbereitungstagung für die ÖRK-Vollversammlung in Busan 2013
zum Thema

Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden
Einführung in das Thema von Werner Gebert

am 2. 4.13, 15 Uhr, in der Ev. Akademie in Arnoldshain


Liebe Freundinnen und Freunde der ökumenischen Bewegung,
die Zukunft des ÖRK steht auf dem Spiel. Wer weiß denn heute schon, ob die 10. VV in Busan im Nachhinein als letztes Aufbäumen einer kraftlos gewordenen ökumenischen Bewegung eingeschätzt werden wird oder eben als Impulsgeberin für mutige neue Schritte. -
Jetzt, im Vorfeld, finde ich das Gebet, das das Thema von Busan bildet, ermutigend: Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden. Fast möchte ich es als ein geniales Gebet bezeichnen, genial deshalb, weil es ganz ungezwungen die drei großen Themen des Konziliaren Prozesses miteinander verbindet. Wer konnte schon hoffen, dass dem ÖRK der Konziliare Prozess so wichtig ist, dass er ihn nun in Gebetsform ökumene- und weltweit verkündigt ?

Eine Vorbemerkung zu den Einschätzungen, die ich im Folgenden vortrage: Sie stützen sich auf zufällige und bruchstückhafte Informationen, die mir über die in der Ökumene geführten Debatten und über die Vollversammlungsabläufe zugänglich waren. Andere Schlussfolgerungen aufgrund besserer Infos sind möglich. Darüber sollten wir im Gespräch bleiben.

Viele ökumenisch engagierte Kirchen und Gruppen bereiten sich seit Jahren auf diese VV vor. Da gibt es recht unterschiedliche Interessen im Blick auf mögliche Beschlüsse. Eschatologisch gesehen ergänzen sich die als rivalisierend auftretenden Prioritätensetzungen.

Die einen, darunter wohl auch der Generalsekretär, wollen vor allem Anderen Faith and Order stärken. Die schon in Kreta diskutierte, aber noch nicht veröffentlichte Einheitserklärung (God’s Call to Unity and our Commitment) wird wohl, abgesehen von den so genannten Public Issues Statements, das einzige Papier sein, das in Busan diskutiert und offiziell beschlossen wird. Andere wollen die Weltmission und Evangelisation zum Schwerpunkt ökumenischen Denkens und Handelns machen. Sie stützen sich auf ein im März 2012 in Manila formulierte Papier der ÖRK-Kommission für Weltmission und Evangelisation mit dem Titel „Zusammen unterwegs zum Leben: Mission und Evangelisation unter veränderten Bedingungen“ (Together Towards Life: Mission ans Evangelism in Changing Landscapes)– ein Papier, in dem die transformative Spiritualität einen hohen Stellenwert einnimmt. Dieses Papier ist bereits vom ÖRK-Zentralausschuss angenommnen worden Der ökumenische Aufruf zum Gerechten Frieden, der so genannte Call, wird wohl in Busan in gleicher Weise nur zur Kenntnis genommen werden. Im Übrigen wäre es ein Wunder, wenn die starke Gruppe, die sich die Abschaffung des Militärs zum Ziel gesetzt und die positiv u.a. die Ausbildung von Friedensfachkräften, die Einrichtung von Friedenswerkstätten und das Fach Friedenstheologie an allen kirchlichen Ausbildungsstätte gefordert hat, in Busan eine Mehrheit finden würde. Da aber der Geist weht, wo er will, ist ein solches Wunder nicht ausgeschlossen.

Gute Chancen haben in Busan die Kirchen und Gruppen, die sich in den letzten Jahren intensiv mit der Erderwärmung befasst haben. Aus dem deutschen Bereich möchte ich hier nur unter vielen anderen Initiativen die folgenden nennen: Die entwicklungspolitische Klimaplattform der Kirchen, Entwicklungsdienste und Missionswerke, die EKD mit ihrer Denkschrift „Umkehr zum Leben. Nachhaltige Entwicklung im Zeichen des Klimawandels, die breite Herausgeberschaft des Jahrbuchs Gerechtigkeit mit ihrem Jahrbuch 5 „Menschen. Klima. Zukunft ? Wege zu einer gerechten Welt“ und last but not least das „PLÄDOYER für eine ökumenische Zukunft“ mit seinem Klima-Memorandum „Beten und Arbeiten für gerechten Frieden und Klimagerechtigkeit“. Das Memo machte den Vorschlag, einen siebenjährigen Sabbatweg zu beschreiten als einen Prozess, der zum verpflichtenden Engagement des ÖRK, seiner Mitgliedkirchen und der ganzen ökumenischen Bewegung führt.

Eine Zeitlang sah es so aus, als hätte die ÖRK-„Erklärung zu Öko-Gerechtigkeit und ökologischer Schuld“ vom Sept. 2009, die der Debatte um ökologische Gerechtigkeit eine starken Schub verlieh, nur im Norden, vor allem in Deutschland, Gehör gefunden. Einige befürchteten, dass die Kirchen im Süden das Thema Klimagerechtigkeit als Angelegenheit des Nordens betrachten würden, weil ja schließlich die Industrieländer den Löwenanteil der Treibhausgase in die Luft gepustet haben. Doch schnell zeigte sich, dass auch die Kirchen des Südens das Thema Klimagerechtigkeit zu ihrer Sache gemacht haben. Es begann mit dem umfangreichen Papier des Südafrikanischen Kirchenrates (SACC) „Climate Change. A Challenge to the Churches in South Africa” vom Nov. 2009, das eine Grundlage bildete für die Stellenbosch-Konsense. Wie es dazu kam, dass auch andere Kirchenräte, insbesondere der Lateinamerikanische, und schließlich die Mehrheit der Mitgliedskirchen des ÖRK sich dieser Bewegung für eco justice anschlossen haben, werden wir ja in dieser Tagung erfahren. Ein Meilenstein auf dem Weg war das „Global Forum on Poverty, Wealth and Ecology“ das im Juni 2012 in Bogor/Indonesien tagte. Dieses Forum rief die VV in Busan dazu auf, „to invite churches to take part in a seven-year sabbatical period to focus on faith commitments to „Economy of Life – Living for God’s Justice in Creation.” Der im August/Sept.2012 auf Kreta tagende Zentralausschuss hat dann den Begriff sabbatical nicht aufgenommen. Doch hat der Programmausschuss folgende Empfehlung ausgesprochen: „That the World Council of Churches launch a pilgrimage of justice and peace…at the assembly in Busan… for and of the churches to focus on faith commitments to economic justice (poverty and wealth), ecological justice (climate change, etc.), and peace building.”
In dieser Empfehlung ist wiederum die Trias des Konziliaren Prozesses präzise formuliert.

Wenn der siebenjährige Pilgerweg in Busan ausgerufen wird, wovon wir ausgehen, erhebt sich die Frage, ob der ÖRK selbst zu seinem aktiven Träger werden kann (wie damals beim PCR), oder ob er notgedrungen, infolge von Personal- und Finanzmangel, nur seine Mitgliedskirchen und wohl auch act alliance dazu aufrufen kann, die Pilgerfahrt zu gestalten (mit Fach-Konsultationen, team visits, Projekten zur Energieeinsparung und verringertem CO2-Ausstoß und eben auch konkreten Pilgerzügen zu ebensolchen Projekten, wie sie bei uns schon viele Landes- und Freikirchen und die Missionswerke auf den Weg gebracht haben). Wir meinen, der ÖRK sollte durch seine Mitgliedskirchen in die Lage versetzt werden, selbst als Akteur für ökologische Gerechtigkeit tätig zu werden. – Bitte machen wir uns hier in Arnoldshain zusammen Gedanken, wie wir dazu beitragen können

Dazu passen die vorgesehenen Kürzungsbeschlüsse der EKD überhaupt nicht. Sie sind unverantwortlich. Die EKD hat durch die Klima-Denkschrift und durch einen sehr guten, umfangreichen Brief an den ÖRK-Zentralausschuss in Sachen Klimagerechtigkeit sich große Verdienste erworben. Wie kann sie nun hergehen und ihre Zuschüsse an den ÖRK dermaßen drastisch senken ? Im Jahre 2004 waren es noch mehr als € 1,5 Mill, 2012 nur noch
€ 901.700; für 2014 ist eine Absenkung auf € 642.300 vorgesehen. 2016 sollen es nur noch € 505.100 sein. Ich scheue mich nicht, dies als Aushungern oder gar als finanzielle Strangulation zu bezeichnen. Der ÖRK muss mit einem Budget auskommen, das in etwa dem Etat einer diakonischen Bezirksstelle in Deutschland entspricht.

Es gibt schon eine Reihe von Überlegungen, wie die pilgrimage for justice and peace hierzulande gestaltet werden kann. Der von der Werkstatt Ökonomie koordinierte „Ökumenische Prozess „Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten“ ermutigt Kirchengemeinden, sich auf die notwendigen Transformationsprozesse einzulassen.

Die Ökumenische Versammlung 2014, die am 1.Mai-Wochenende in Mainz stattfindet, wird Impulse aus Busan aufnehmen und an ihrer Umsetzung in unserem Kontext arbeiten.