21. Dezember 2013

20. Dezember 2013, Frankfurt am Main


Ein Abend in Frankfurt am Main

Die Veranstaltung beginnt schon um 14:30 Uhr, mitten auf der Zeil. Etwa 70-80 Personen, junge und alte Koreaner (manche reisten aus dem Ruhrgebiet an, andere gar aus Berlin), stehen mit ihren Plakaten, rings um den Brunnen, Infoblätter werden verteilt, auf Fragen werden Antworten erteilt, koreanische Trommelmusik, gelegentlich ein Lied, und zwischendurch immer wieder Informationen zur gegenwärtigen Situation in Südkorea. Die Präsidentin PARK Gun Hye wurde vor einem Jahr gewählt - Wahlfälschungen, Geheimdienstaktionen, angedrohtes Verbot für die Vereinte Progressive Partei (UPP) und Verhaftungen von Politikern. Einer von ihnen, LEE Seok-Ki soll einen Umsturz geplant haben mit Hilfe Nordkoreas...

Während die kleine Gruppe mit Hilfe eines kleinen Verstärkers versucht, sich Gehör zu verschaffen, die Passanten zum Einhalten und Zuhören zu bewegen, findet etwa 100 m weiter auf der Zeil, vor dem Kaufhaus Saturn, die Gegendemonstration statt. Unterstützer der jetzigen Präsidentin behaupten, dass jeder, der gegen die Präsidentin sei, ein nordkoreanischer Verräter sei, er spalte die Nation. Auch hier Plakate und Transparente. Hier stehen dem Augenschein nach mehr Leute (Koreaner). Mit Bussen sind sie hergefahren worden, nachdem die Demonstration und Informationsveranstaltung gegen die Präsidentin bekannt wurde.

Mit erscheint das alles als eine Neuauflage der Aktionen für und gegen die Militärdiktatur der 60er und 70er Jahre, als der Vater der jetzigen Präsidentin das Land regierte. Ein großer Unterschied aber besteht dennoch: damals waren es nur sehr wenige, die sich zum Widerstand formierten, heute sind es schon von Anfang an viele, die auf die Straße gehen. Ja, damals jagte man die Andersdenkenden als "geborene Kommunisten", heute werden die Kritiker der Präsidentin als von Nordkorea gelenkte bzw. im Sinne von Nordkorea wirkende Gruppe verfolgt: d.h. verhaftet, verurteilt (ja, Staatsanwälte und Gerichte werden wieder zu willfährigen Helfern), des Landes verwiesen.

Der Peacetrain, der zur Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen von Berlin nach Pusan fuhr bekam keine Erlaubnis durch Nordkorea zu fahren - die Erlaubnis verweigerte nicht das zugegeben unmenschliche Regime in Nordkorea, sondern die Staatspräsidentin von Südkorea, trotz inständiger Bitten von kirchlicher Seite.

An diesem Abend findet die ganze Problematik der südkoreanischen Politik und Gesellschaft ihren Ausdruck auf der Zeil. Noch sind die beiden Lager 100 m voneinander getrennt. Noch hinkt das eine Lager weit hinter der Zeit zurück bzw. hat noch nicht gemerkt, dass der Kalte Krieg vorüber ist, dass die südkoreanische Gesellschaft immerhin zwei Parlamentsperioden lang (Präsident KIM Dae Jung und Roh Moo Hyung) partizipatorische Demokratie praktiziert und eingeübt hat und es somit heute viel schwerer werden wird, das Rad zurückzudrehen in die Zeit, als Vater Park Chung Hee das Land regierte. Das kleine Häuflein der aufrechten Demokraten aber weiß, eines Tages werden sie obsiegen: "We shall overcome".
21.12.2013
(vgl. hierzu http://www.doam.org/index.php/projekte/frieden-und-sicherheit/geteiltes-korea/2148-2013now-in-korea-einladung-nach-frankfurt