Studientagung 2010: Vortrag PARK
Studientagung 2010 - Begegnungs- und Bildungszentrum Woltersdorf
Zukunft braucht Erinnerung
Vom Gedenken in unterschiedlichen Kulturen
20. - 23. September 2010
Foto (2008): Eingangstor zum Yasukunischrei, Tokyo, Japan
Vor 100 Jahren wurde Korea eine Kolonie Japans verbunden mit Unterdrückung und dem Versuch, es seiner kulturellen Identität zu berauben; vor 60 Jahren begann der Koreakrieg, der unendliches Leid über die Menschen in Nord- und Südkorea gebracht hat; vor 30 Jahren wurde Korea von dem Massaker in Kwangju erschüttert und vor 20 Jahren geschah die Wiedervereinigung Deutschlands.
Dr. PARK Sungkook
promovierte 2006 an der Universität Hamburg
Ist derzeit Theologischer Referent bei der Christian Conference of Asia, Chiengmai, Thailand
Im Jahre 2005 begab er sich auf eine Forschungsreise nach Ostasien. Hier ist sein Bericht:
Forschungsreisebericht 2005
(hier nur das Schlusskapitel; der ganze Forschungsbericht kann im pdf-Format heruntergeladen werden)
Zusammenfassung und Vorschläge
1.1 Leitfragen für die Forschungsreise
1.1.1 Interpretation der belastenden Vergangenheit.
Was sind die Unterschiede der Interpretation der Vergangenheit (1895-1945), die unter anderem gespeist wird durch das kollektive Gedächtnis?
1.1.2 Zugang zur Vergangenheit.
Auf welchen gesellschaftlichen, religiösen und politischen Umständen basiert das kollektive Gedächtnis in den drei Ländern, bes. Korea und Japan? Wie werden sie in den jeweiligen Museen und Gedenkstätten, kurz: Träger und Regeneratoren des kollektiven Gedächtnisses interpretiert und tradiert?
1.1.3 Versöhnung Rolle der Kirche.
1.2 Zwischen China und Japan
Zwischen Korea, China und Japan ist die Fragen des vergangenen Jahrhunderts noch längst nicht geklärt. Ihre belastende Vergangenheit wurde zunächst unterdrückt durch die Entstehung des Eisernen Vorhangs und zugleich den Druck der Entwicklung. Zugleich und bis zur Gegenwart wurde und wird sie immer wieder missbraucht ihre jeweils eigenen politischen Machtpositionen zu sichern. Erst seit Anfang der neunziger Jahre, als durch die Initiative des Internationalen Frauenkomitees, die ihre Bemühungen um die Forderung für Kompensationen für die ehem. Trostfrauen dieses Problem die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gewann erschloss sich eine lang ersehnte Möglichkeit die belastende Vergangenheit zwischen diesen drei Staaten zu reflektieren. Nicht zuletzt hat die Beendigung des Kalten Krieges dafür gesorgt, dass Anfechtungen gegen die eigene, oder die andere Regierung als Hochverrat oder ernsthaftes diplomatisches Problem nicht mehr gelten konnte.
Seit dem fanden einige Gesten des Bedauerns von Seiten der Japaner und zugleich Gesten der Achtung und Akzeptanz von Seiten China und Korea ihre Wege. Diese Gesten der Entschuldigung und Vergebung auf politischer Ebene haben jedoch noch keine tief greifenden Veränderungen in gesellschaftlicher Ebene verwirklichen können, noch sind sie in Aussicht in naher Zukunft verwirklicht zu werden. Austausch auf Ökonomischer Ebene, kultureller Austausch und vermehrte private Beziehungen sind zwar gewachsen, ohne jedoch dem Problem auf den Grund zu gehen. Oberflächlich sieht alles friedlich aus. Doch im inneren Kern des Gedächtnisses, das direkten Zugriff auf die Einstellung gegenüber dem Anderen hat, ist noch alles beim alten geblieben. Die während meiner Forschungsreise untersuchten Museen und Gedenkstätten haben dies bestätigt. Auf einer Seite steht der versagte Befreiungskampf der Asiaten gegenüber den imperialistischen Mächten des Westens, auf der anderen Seite stehen die Opfer eines invasions- und Aggressionskrieges und Kolonialisierung. Auf einer Seite steht das selbstverständliche Recht auf Entschuldigungen und Wiedergutmachungsleistungen, auf der anderen Seite steht wiederum das selbstverständliche Recht auf Selbstrechtfertigung. Beide sind letztendlich auf einem völlig anderen Kanal und versuchen mit dem anderen zu kommunizieren. Ein Problem, das nicht nur die einfachen Menschen beeinflusst, sondern im Nord-Ost-Asiatischen Raum die ganze Politik.
Opfermentalität auf allen Seiten ist so stark ausgeprägt, dass auf manchen Bereichen entweder der blinde Wut und Hass herrscht, oder die Müdigkeit und Erschöpfung bereits einen Zusammenbruch der Hoffnung auf eine Versöhnung vorhersehbar ist.
Die Kirche kann sich, nicht zuletzt wegen ihres Selbstverständnisses als Glaubensgemeinschaft, als Grenzen überschreitende Zivile Organisation für den Versöhnungsprozess einsetzten. In dem sie sich selbst reflektiert wird sie gleichzeitig auch Teil dieses Prozesses. Innerlich durch die eschatologische Hoffnung und äußerlich durch Kategorie übergreifende Themen, wie z. B. Menschrechte, kann die Kirche verbunden an ihrem Netzwerk ökumenischer Zusammenarbeit einen gewagten, aber möglichen Schritt in eine versöhnende Zukunft setzen.