ST2020 Berlin - Materialien

Wirtschaft Chinas: 

GIGA Focus Asien
Heike Holbihg
Vom Krisenherd zum Krisenheld:  Chinas Umgang mit COVID-19
GIGA Focus | Asien | Nummer 4 | Juli 2020 | ISSN 1862-359X
"Der Ausbruch der Corona-Epidemie Ende 2019 in Wuhan und die weltweiten Folgen der Pandemie haben die chinesische Führung politisch massiv unter Druck gesetzt. Die offiziellen Kommunikationen nach innen und außen, mit der die parteistaatlichen Instanzen auf diesen Druck reagiert haben, deuten auf nachhaltige Auswirkungen der Krise auf das innen- und außenpolitische Verhalten der Volksrepublik. ..."

IPG Internationale Politik und Gesellschaft.
Mit Masken macht man doch keine Politik
Statt über globale Abhängigkeiten zu lamentieren, sollte die Welt an einem Strang ziehen – eine Perspektive aus China.  Von Jiang Feng, 12.06.2020
https://www.ipg-journal.de/

"Die chinesisch-europäischen Beziehungen sind derzeit in aller Munde. Ein heißes Thema ist, dassDie chinesisch-europäischen Beziehungen sind derzeit in aller Munde. Ein heißes Thema ist, dassEuropa, um die eigene Sicherheit nicht zu gefährden, wirtschaftlich nicht von China abhängig seinsollte. „Lege nicht alle Eier in einen Korb“ ist eine allgemeine Weisheit jedes Geschäftsmannes. Dassaber nun plötzlich aus einem Antiviruskampf eine Welle der Anti-Abhängigkeit entstanden ist, gibtAnlass zum Nachdenken.

Ist unsere heutige Welt nicht gerade geprägt davon, dass wir von Land zu Land miteinander verbundensind und durch das gemeinsame Schicksal aufgrund des Klimawandels voneinander abhängig sind?Tatsache ist, dass wir alle auf demselben Planeten leben, dass dieser Planet nun langsam an dieGrenze seiner Tragfähigkeit gelangt und dadurch Naturkatastrophen sowie Epidemien immer häufigerdie Menschheit heimsuchen werden.

Dagegen braucht die Welt gemeinsame Lösungen unter Einschließung aller Länder. All das verlangteine enge Zusammenarbeit und ein globales Engagement. Die Vorstellung, dass beispielsweise miteinem Exportstopp von Masken andere Länder abhängig gemacht werden könnten und diemomentane Krise für den Ausbau geopolitischer Interessen oder zur Ablenkung vom eigenenverfehlten Krisenmanagement ausgenutzt werden kann, ist weder politisch verantwortlich nochwirtschaftlich vernünftig oder aus humanitärer Sicht vertretbar.

Erstens ist wirtschaftliche Abhängigkeit keine Eigenheit Europas. Alle Länder in der globalisiertenWelt sind davon betroffen, auch China und die USA. Der Versuch mancher Politiker, die Abhängigkeitder westlichen Länder als eine von China ausgehende Gefahr zu konstruieren und diese Schuld China1/4zuzuschreiben, zeigt jedoch nichts anderes als Ignoranz gegenüber der historischen Realität.

Schon im 18. Jahrhundert forderte Immanuel Kant die Menschen auf, sich aus derSchon im 18. Jahrhundert forderte Immanuel Kant die Menschen auf, sich aus derselbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien und den eigenen Verstand zu entfalten. Vernunft heißtes besonders in der Krise zu bewahren. Für Europa gilt, dass eine wirtschaftliche Abhängigkeitniemals aufgezwungen, sondern eine selbst verursachte Entwicklung ist. Tatsächlich entwickeln sichalle Länder hin zu mehr globaler Abhängigkeit – ein Prozess, der sich ursprünglich von Europa aus,dank der Industrialisierung, in die ganze Welt verbreitet hat...."


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IPG Internationale Politik und Gesellschaft.
Neuer Ton gegenüber China
Corona, Hongkong und Propaganda: Die Liste der Dissonanzen mit Peking wird länger. Höchste Zeit für eine Neuausrichtung der europäischen Chinapolitik. Von Nils Schmid, 12.06.2020
https://www.ipg-journal.de/rubriken/aussen-und-sicherheitspolitik/artikel/neuer-ton-gegenueber-china-4428/

"Mit gerade einmal einer Stunde fiel der diesjährige Arbeitsbericht, den der chinesische Premierminister auf dem Nationalen Volkskongress vortrug, vergleichsweise kurz aus. Mit ernster Miene wies Li Keqiang in der Großen Halle des Volkes auf die großen Erfolge bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie hin und auf die Offenheit und Transparenz, mit der man sich dabei in die internationale Zusammenarbeit einbrachte. Und mit Blick auf Chinas Rolle in der Welt zeichnete der Premier das Bild einer verantwortungsvollen Großmacht 一 eines Stabilitätsbringers und Friedensförderers. Die Botschaft, die in der Weltgemeinschaft vom perfekt durchchoreografierten 13. Nationalen Volkskongress ankam, hätte kaum gegensätzlicher sein können. Denn mit der dort beschlossenen Einführung eines nationalen Sicherheitsgesetzes greift China rücksichtslos und unrechtmäßig in die Autonomie Hongkongs ein.

Chinas zunehmend aggressives Auftreten führt uns vor Augen, wie dringend wir eine Neuausrichtung unserer Chinapolitik brauchen. Zu lange war unser Blick nach Fernost getrübt von ökonomischen Interessen; zu lange erkannten wir nicht, wie allumfassend die chinesische Herausforderung ist. Aufbauend auf der ヒinsicht, dass China sowohl Partner, Wettbewerber als auch Systemgegenspieler ist, müssen wir eine gemeinsame europäische Politik des kritischen Engagements entwickeln, die ausgehend von einer festen Westbindung mutig unsere Interessen und Werte gegenüber China verteidigt.

Wir sind auf ein partnerschaftliches Verhältnis zu China angewiesen, das liegt in Covid-19-Zeiten auf der Hand. Die rasche globale Ausbreitung des Virus - von Wuhan bis Washington - führte uns vor Augen, wie weitreichend sich das Handeln bzw. Nichthandeln der chinesischen Regierung bis tief hinein in unser alltägliches Leben auswirken kann. Bei globalen Herausforderungen wie der Corona-Pandemie gibt es zwar eine große Abhängigkeit von China 一 allerdings eine wechselseitige. Denn schon aus reinem Eigeninteresse ist China auf die Kooperation mit uns angewiesen. In unserer durchglobalisierten Welt kann das weltweite Infektionsgeschehen nur durch multilaterale Zusammenarbeit nachhaltig unter Kontrolle gebracht werden.


Zu einer partnerschaftlichen Kooperation in der Pandemie gehört aber auch eine ehrliche Fehlerkultur - denn nur so können wir die richtigen Lehren für die Gesundheitskrisen von morgen ziehen. Die Liste mit Kritikpunkten am chinesischen Vorgehen ist lang - und reicht von mangelnder Transparenz zum Beginn des Ausbruchs bis zur aktuellen Propagandakampagne, mit der China sein Narrativ vom eigenen Erfolg verbreitet und dabei auch vor aggressiver Einflussnahme nicht zurückschreckt. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit erkennt aber auch die Leistungen Chinas bei der Eindämmung der Pandemie an. Und in den kommenden Monaten kann die Kommunistische Partei vielfach beweisen, wie wichtig ihr internationale Solidarität ist, wenn es etwa um die Impfstoffsuche oder die Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht. 


Unbedingt nötig ist auch eine unabhängige Untersuchung des Ursprungs des neuartigen Virus. Dafür braucht es die umfassende und offene Mitarbeit der chinesischen Behörden. Wie bei anderen Virusinfektionen könnte die internationale Gemeinschaft aus einer Untersuchung unter der Ägide der WHO wichtige Schlussfolgerungen ziehen, die bei der zukünftigen Vermeidung und Bekämpfung von Ausbrüchen helfen können. Davon würde auch China, das nicht zum ersten Mal das Ursprungsland einer Pandemie ist, maßgeblich profitieren...."

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MERICS 17.01.2020

Chinas Wirtschaft hat sich im vergangenen Jahr trotz vieler schwieriger Herausforderungen gut geschlagen: Das Wachstum lag 2019 bei stabilen 6,1 Prozent, ungeachtet der verschlechterten Beziehungen zu den USA und der erheblichen Anstrengungen, Risiken der binnenchinesischen Finanzmärkte in den Griff zu bekommen.
2020 erwarten die chinesische Wirtschaft weitere Herausforderungen: Das Wachstum dürfte sich weiter verlangsamen, auch die weiter bestehenden Differenzen mit den USA und die Corona-Epidemie könnten zur Belastung werden. Vor dem 2021 anstehenden 100. Geburtstag der Kommunistischen Partei Chinas wird die Regierung zudem die Stabilität der Wirtschaft sicherstellen wollen – weitere Stimulus-Maßnahmen sind nicht auszuschließen.
In der aktuellen Ausgabe der MERICS Economic Indicators analysieren die Wirtschaftsexperten Max J. Zenglein und Maximilian Kärnfelt die Daten der chinesischen Wirtschaft im vergangenen Quartal und über das gesamte Jahr 2019 und werfen einen Blick in die Zukunft.
Das Fokusthema dieser Ausgabe widmet sich Hongkongs Zukunft als Finanzzentrum, das bis heute Chinas wichtigster Zugang zu internationalen Kapitalmärkten ist. Beijings Umgang mit der Protestbewegung gefährdet nach der Analyse Zengleins dieses eingespielte System. Andere Finanzzentren wie London und Singapur könnten Hongkong – noch – nicht ersetzen. China wird in Sachen Finanztransfers noch auf geraume Zeit auf Hongkong angewiesen sein.
Sie können die aktuelle Ausgabe der MERICS Economic Indicators hier online lesen.


 

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