FUKATSU Fumio - ein Interview

ff fukatsu 1999 in tateyamaFUKATSU Fumio
* 22.11.1909 Fukui-Ken    † 17.08.2000 Tateyama, Chiba-Ken   
Pfarrer des Kyodan und Mitarbeiter in Tomisaka
Gründer der Diakoniewerke Bethesda-Home und Kanita-no-Mura in Tateyama/Chiba

Es war mein 2. Bseusch bei Fukatsu-Sensei. Im Juli des vorgehenden Jahres (1998) war ich mit meiner Frau zum ersten Mal in Kanita. Es war der Tag, an dem ich in Vertreteung der Deutschen Ostasienmission den fast 90jährihgen  Sensei im Vergebung bat für all das Unrecht, das ihm vor etwa 50 Jahren angetan worden war.  Beim neuerlichen Besuch (Dez.1999) wollte er mir erzählen aus seinem Leben. Es waren reiche 2 Wochen für uns beide. Ein halbes Jahr später wurde in der Kirche von Kanita der Trauergottesdienst gefeiert. 

Hier nun das Interview   

 Interview mit Pfarrer FUKATSU Fumio im Dezember 1999

geboren am 22. Nov. 1909, verstorben am 17. Aug. 2000

In Kamitomisaka hat man sich große Mühe mit mir gemacht und doch wurde ich schließlich unter großem Krach gegangen. Damals war Jäckel in Tokyo und Hessel waltete seines Amtes.

Wenn ich jetzt an die Jahre in Tomisaka denke, könnte ich ein dickes Buch daraus machen, vor allem über das, was ich während der 18 Jahre dort alles aus Tomisaka mitgenommen habe für mein Leben.

Bis dahin war Jesus eine Ideologie, ein Dogma für mich. Ich konnte mich davon lösen, den nackten Jesus sehen. Natürlich war das ein Anfang und ich musste noch viel dazulernen, aber ich hatte die Grundlagen doch schon begriffen.
Die Geschichte der neutestamentlichen Forschung im 20. Jahrhundert ist doch umwälzend: ich lernte, den historischen Jesus positiv zu verstehen.

Im Theologischen Seminar sollte ich einen Gottesdienst leiten. Dabei stellte einer der Lehrer fest, dass er nicht wusste einen solchen Schüler bei sich zu haben. Im heutigen Gebet sei deutlich geworden, dass sein Glaube auf schwankendem Grund stehe. - Die Theologischen Schulen: Meiji Gakuin Shingakubu 明治学院神学部und Tokyo Shingakusha東京新学社 waren die besten. Und mit diesen Lehrern kann man nicht gerade locker umgehen. - Die Meiji Gakuin vertrat das Freie Christentum, die Shingakusha war sehr dogmatisch, traditionell ausgerichtet. So kam es, dass ich, der ich von der Meiji Gakuin kam, die Vorlesungen von Prof. Takakura nicht besuchte und dieser dann sagen konnte, dass mein Glaube wackelt. So haben meine Lehrer von der Meiji Gakuin meinetwegen ihr Gesicht vor der Shingakusha verloren. -
Einer meiner Lehrer hat mich auf dem Flur angehalten und gesagt: Prof. Takakura ist der Meinung, dass dein Glaube wackelt, du warst nicht einmal in seiner Vorlesung. - Darauf konnte ich nur antworten: Ich kann das Textbuch von Prof. Takakura nicht kaufen, es ist mir zu teuer.
So habe ich mich dann auch mit Prof. Takakura gestritten. Er meinte, dass alle Menschen Sünder sind, Buße tun müssten. Und ich, sein Schüler, hätte davon keine Ahnung. - Ja, ich habe keine Erfahrung einer plötzlichen, einmaligen Bekehrung. - Schließlich Prof. Takakura: du sprichst immer von Jesus, aber im Christentum ist wichtig, wie Paulus alles aufgebaut hat, das Leben und Werk Jesu interpretiert hat. - Daraufhin sagte ich ihm: Ich werde nicht mehr zum Unterricht kommen, denn ich möchte den ursprünglichen Jesus kennen lernen - möglichst ohne Paulus.
Am 25. 3. 1933 habe ich schließlich das Examen am Theologischen Seminar bestanden.

Schon damals habe ich mit den Kindern der Bauern die Bibel gelesen, angefangen bei der Schöpfungsgeschichte. Das war eine wichtige Zeit für mich: vom November 1935 an. – Ich bin nicht in die Kirche gegangen, sondern habe Kinder versammelt, mit ihnen gespielt und gelesen, Ausflüge gemacht, Camps organisiert. Schließlich hatten wir nicht genug Platz da für die vielen Kinder. Jemand meinte damals, dass sich Pfarrer Kagawa darüber sehr freuen würde.
Jedenfalls gingen die Tatami kaputt, dazu auch die Shoji障子 - der Raum war zu klein. Ich beschloss, mit meinem Geld eine Schule zu bauen auf einem 25-Tsubo-Grundstück. Das hat 2.500 Yen gekostet. Ich selber hatte nur 25 Yen. Also musste ich Gelder einsammeln, aber ich bekam nicht viel Hilfe. Darum habe ich Aushilfsarbeit gesucht. Aber niemand hatte Arbeit für mich.

1937 traf ich einen mir bereits bekannten amerikanischen Missionar, der mir erzählte, er habe im Sommer in Karuizawa einen jungen deutschen Missionar getroffen, der einen Sekretär sucht. Geh zu ihm und hilf ihm.
So bin ich am 9. September 1937 nach Tomisaka gegangen.

Der junge Mann war gerade eine Woche jünger als ich, war unverheiratet, hoch gewachsen. Er war mit Malerarbeiten an seinem Haus beschäftigt. „Hier wird gerade gestrichen, ich kann Dich nicht hereinbitten.“ Dann gingen wir ins Obergeschoss, das voller Staub war, und haben miteinander gesprochen.

Du kommst also vom Theologischen Seminar, Du kannst doch Pfarrer werden.
Nein, das will ich nicht; nehmen Sie mich als Ihren Sekretär. 4 Nachmittage pro Woche.
Für 40 Yen wurde ich angestellt. Ich sollte Briefe auf Japanisch schreiben. Und ich war glücklich. Ich habe sofort zugesagt.

Wir haben gleich danach gemeinsam Dr. SAKAEDA Yoshitaka 酒枝 義旗 (1898-1981) (er hatte in Deutschland Wirtschaftswissenschaften studiert und war nun Assistant Professor) besucht. In Berlin hat ihm Pfr. Devaranne geholfen und gesagt: „wenn du nach Japan zurückkehrst, dann hilf bitte der OAM“. Er wohnte in Sakinomiya. Dorthin fuhren wir mit der Bahn. Als wir Sakaeda trafen sagte er: Also bitte, komme nach Tomisaka, Du brauchst Dich auch nicht Pfarrer nennen, aber du kannst predigen. Wir machen das im Wechsel, einmal Du, dann Hennig und beim dritten Mal ich, Sakaeda.
So wurden wir ein Team.

Und ich begann meine Arbeit in Tomisaka am 17. September 1937. D. h. ich begann an diesem Tag zu predigen. Aber an diesem Tag kam niemand zum Gottesdienst.
Hennig kritisierte meine Predigt. Ich hatte einen Text ausgewählt, der mir lag, und hielt eine eigenwillige Predigt über das Thema „Schöpfungsgemäße Liebe“. Ich habe in dieser Predigt alles gesagt, was ich wusste.
Hennig bedauerte, dass der Predigttext in der japanischen Kirche nicht in Perikopen festgelegt sei. Jeder Pfarrer könne sich aussuchen, was er will. Es würde dann nicht das gepredigt, was die Bibel sagen will, sondern was dem Pfarrer passt. Das führe zur Pfarreranbetung.
In Deutschland gebe es für das ganze Kirchenjahr festgelegte Predigttexte und auch ich solle mich danach richten. Und das tat ich auch fortan.
Aber ich spürte schon, dass mir das stark widerstrebt. Hennig hat mir einfach befohlen. Aber da war nichts zu machen, ich hatte verloren.
Seit 1937 halte ich mich daran, also bis heute, 62 Jahre lang.

Wer diese Perikopenordnung so beschlossen hatte, darüber wurde ich nicht aufgeklärt. So kam der 1. Advent, dann der 2. Advent... Ich bekam ein Buch von Barth zu lesen, ein anderes von Luther. Aber auch über Luther und Barth hinaus: ich lernte die Entmythologisierung kennen, die Entdogmatisierung, ich lernte einen Jesus kennen, der weder Christus noch Messias sein musste, einen Jesus, befreit von den Schlingen der jungfräuliche Geburt - kurz gesagt: der nackte Jesus begegnete mir und wurde mein Freund.

ISHIBASHI war mein Hebräischlehrer. Er war auch im Studentenheim von Tomisaka. Dort wohnten damals 15 Studenten, ohne jede Beziehung zur Kirche. Es war eine reine Übernachtungsstätte.
Ishibashi hatte schon bei Christlieb und Schröder als Sekretär gearbeitet, um dort wohnen zu können. Danach hatte er Deutsch gelernt, die Universität abgeschlossen und in Deutschland studiert.
Man hat dann das Studentenheim ausgebaut, um viele solche Studenten aufnehmen zu können. Alles verbrannte 1945.

Ich bin der Student „Nr.1“ von Ishibashi. 7 Jahre lang habe ich seine Vorlesungen in der Tokyo Universität gehört, ziemlich alle seine Vorlesungen.
Er schlug mir vor, zu promovieren (auch wenn ich kein Professor werden konnte). Er hatte mir einen tiefen Einblick in den Jahwisten vermittelt und ich fing an über Genesis 1-2 zu schreiben. Aber das wurde mir zu viel. Ich musste ja in Tomisaka arbeiten. „Ach, du arbeitest dort? Meine alte Heimat.“ So hat er sich freundlich um mich gekümmert.

1950 Hessel war nicht mehr da und die DOAM hatte sich selbständig gemacht. Ab 1. Jan. 1950 wurde Tomisaka von Deutschland aus verwaltet. Ein entsprechender Brief kam von Pfarrer Junge hier an. Ich antwortete, dass wir beide den Krieg ja verloren hätten, und wir hier irgendwie weitermachen, auch wenn kein Geld kommt. Dafür aber schicke mir bitte Bücher aus Deutschland. Aber weil ich nur „Bücher“ schrieb, kamen viele unnötige Bücher hier an. Darunter waren dann auch Bibelwissenschaftliche Bücher, über die ich mich sehr gefreut habe, dazu ZAW, ZNW, Alttestamentliche Wissenschaft, neuere Aufsätze usw. - Fachliteratur und Zeitschriften.

Das wiederum hat SEKINE Masao 関根正雄 (14.08.1912-09.09.2000) gesehen (er gehörte zur Mukyokai無教会), war nach dem Krieg geflüchtet und kam zu mir nach Tomisaka. Als er diese Bücher sah, war er höchst überrascht. Sellins Bücher hatte er von Berlin mitgebracht bzw. in einem Karton verpackt nach Japan geschickt. Diese Bücher hat er dann Tomisaka geschenkt. Mit ihm zusammen habe ich eine Studiengruppe begonnen in meinem Zimmer.
So kamen damals schon Mukyokai und Kyokai, AT und NT zusammen. Wir waren 8 Personen, die gemeinsam die Bibel auf den Tatami studierten. Im damaligen Pfarrhaus, das jetzt abgebrannt ist. Das begann am 13. April 1953.

Unsere erste Arbeit war Bultmanns Entmythologisierung. Wir sind ganz schön erschrocken. Was hatte sich in Europa ereignet! Ich verstand, dass man ohne die Schale wegzunehmen, auch das nicht essen kann, was drin steckt. Der spätere Prof. YAMAOKA Kikuo 山岡 喜久男 (10.08.1915-21.02.2000) hat ja das Büchlein von Bultmann übersetzt und jetzt vor kurzem einen Preis (Bunko Koronsho) für die Übersetzung bekommen. Yamaoka gehörte damals schon zur Kamitomisaka-Gemeinde.

Damit begann das Japanische Bibelinstitut. Jenseits von Kirche und Nichtkirche, AT und NT. Wir versuchten den Graben zu überbrücken. Lauter Laientheologen, kein Pfarrer, nur Bibelwissenschaftler. Und welch großartige Leute kamen aus dieser Gruppe heraus! Hessel und Jäckel waren überrascht.

Dann kam Emil Brunner (23.12.1889-06.04.1966) nach Japan. Er sagte mir: „Fukatsu, Kirche ist immer ein Ort mit Problemen, mach Dir nichts daraus. Was in der Kirche nicht als Häresie verurteilt wird, taugt nichts. Gründe eine Reformgruppe, eine Fukatsu- oder Sakaeda-Gruppe.“ Und dann kehrte er zurück. Ein führender europäischer Dogmatiker empfahl mir die Entmythologisierung.
Man kann den Pfarrern nicht das Christentum überlassen, so hatte er noch gesagt. Und empfahl mir die Berufsgruppenevangelisation.

Das ist also Tomisaka. Wir, das Bibelinstutut, wurden aus Tomisaka hinausgeworfen, hinausgeworfen. Ich hatte damals 1 Mill. Yen dem Institut gespendet, so glücklich war ich damit. Aber ich wurde richtig aus Tomisaka hinausgeworfen. Jetzt ist das Institut, nach 50 Jahren, wieder nach Tomisaka zurückgekehrt. Aber da ist wohl niemand mehr, der davon noch etwas weiss.

Aber wie traurig war ich damals. Das erste Buch, das ich damals geschrieben hatte, konnte nicht veröffentlicht werden. Ich bekam Verkaufsverbot. Beim Kyodan. Sekine sollte bei der Herausgabe helfen - und er entschied gegen das Buch. Ich aber musste weiter mit ihm arbeiten, die Aufsätze aus dem Ausland miteinander lesen, übersetzen - und so ging das weiter bis heute. Eine beispiellose Geschichte.

Nun aber möchte ich mich bei der Ostasienmission bedanken.

Ich habe die „Tomisaka Tayori“ (Nachrichten aus Tomisaka) herausgegeben.
Damals dachte ich, dass ich die Pfarrer gar nicht mag, aber ohne sie geht es auch nicht. Was bedeutet das für mich? Soll ich bei der Mission aufhören? Was soll mit Tomisaka passieren?

120 Jahre sind seit Spinner vergangen. Da gab es große Wellen. Als ich in Tomisaka war, sprach man vom „Freien Christentum“ und man stritt sich darum. Schiller war ein wirklich großartiger Missionar.
Der zwei Mal nach Japan gekommene Schröder war ein großer Philosoph.
Der Same, den sie gesät haben, ist in diesen Büchern aufgegangen.

Darüber hinaus, als alles in Tomisaka verbrannte, habe ich diese wenigen Dinge aus den Flammen gerettet. Das sind nicht meine Bücher, sondern die von Tomisaka, die ich vielleicht zurückgeben sollte...

Als ich zuerst nach Tomisaka kam, gab es ein dreistöckiges Ziegelhaus, dort musste ich Reinigungsdienst tun. Da gab es viele Exemplare dieses Buches. Ich habe mir eines mitgenommen. Andere habe ich verkauft.
Dabei wurde ich von Pfarrer AKASHI Shigetaro 赤司 繁太郎 (17.09.1873-09.01.1965) entdeckt: „Fukatsu stiehlt diese Bücher und macht sie zu Geld.“ Hennig aber wusste davon und bestätigte, dass er ihn damit beauftragt habe. So war ich also doch kein Dieb.

Es war eine tolle Bibliothek gewesen. In der Nacht vom 13. April 1945 verbrannte alles. Es brannte bis zum 15. April. Die Bibliothek befand sich im 2. Obergeschoss. Ich wollte die Bücher retten, aber das war ein unmögliches Unterfangen. Nur eine Schublade konnte ich mitnehmen.
Darin lag auch mein Manuskript. Mit meinem Kimono bedeckte ich die Schublade, der Kimono verbrannt, aber das Manuskript überlebte. - Das war die Arbeit, die ich bei Ishibashi geschrieben hatte, über Genesis 1-2. Damals war mir vieles überaus deutlich geworden.
Es gab ein Veröffentlichungsverbot. Vom Kyodan. Man hat zwei Leute zweimal in einer Woche zu mir geschickt, ich solle das Manuskript umschreiben. Ich solle den Kommentar zum Alten Testament so einfach schreiben, dass die Helfer beim Kindergottesdienst es verstehen. Also Veröffentlichungsverbot. Das Manuskript ist dann später vollständig verbrannt.

Unter den 4 Missionaren, unter denen ich gearbeitet habe, war Hessel der Barthianer. Und was Schiller unter dem Einsatz seines Lebens aufgebaut hatte, hat er in Kyoto einfach zerstört. Nach dem Krieg kam er nach Tokyo als Übersetzer der Besatzungsmacht. Diese Angabe aber scheint mir sehr zweifelhaft. (Fukatsu glaubt das nicht.)

Es war ja damals eine Deutsch-schweizerische Handelsgesellschaft gegründet (Dokuzui goshi kaisha). Mit einem Erlass von General McArthur wurde diese Handelgesellschaft gegründet. Und daraus entstand dann die East Asia Mission. Wohl bereits 1947 wurde dies von Hessel betrieben.

Jäckel und Hennig wurden kurzerhand entlassen, so dass längere Zeit niemand hier war. Inzwischen habe ich Briefe an Pfarrer Junge geschrieben, der mir immer Mut gemacht hat. Unter den Büchern, die Pfarrer Junge mir vor seinem Tod geschickt hat, war auch das von Schweitzer über J. S. Bach, das ich bereits zur Hälfte übersetzt hatte; er hatte mit seinem Namen unterschrieben.
Nicht nur mir, in Japan war Bach bis dahin ganz unbekannt gewesen: die Passionen und Kantaten. Das habe ich dann über Radio bekannt machen können. An jedem Sonntagmorgen gab es 30 Minuten Sendung. Der Plattenspieler nur bewegte sich und höchstens 4 Minuten Erklärung dazu, die ich gegeben habe. 5 Jahre lang haben die Leute das beim NHK gehört und von 1953-55 übernahmen auch andere Sender dieses Programm.
Die Leute kommen nicht in die Kirche, hören keine Predigt, aber sie hören zu wenn diese Musik läuft und erklärt wird. So wurde Japan ein Bach-Land. Es ist fast ein Aberglaube: Bach-Aberglaube.

Wenn ich nicht in Tomisaka aufgenommen worden wäre, hätte es auch diese Bach-Rezeption in Japan nicht gegeben.
Wie es zu meinem Interesse an Bach kam? Schon viel früher, als ich noch Schüler war, ging ich in die Togozaka-Kirche東郷坂教会, der deutschen Kirchengemeinde in Tokyo, denn dort gab es eine kleine Orgel. Pfarrer Weidinger gehörte auch zur Ostasienmission. Und später Harald Öhler.
Als er nach Japan kam, da kam er ja aus dem armen Osten Deutschlands.
Aber aus seinem Gepäck kam auch eine Holzkiste heraus. Ich konnte nicht fragen, ob ich sie öffnen durfte, es war ja die Kiste eines andern. Aber ich öffnete sie dennoch. Da kamen 200 Schallplatten heraus. Alles waren Langspielplatten und ich hatte bisher nur die 8 Minuten-Platten gekannt. Und alle enthielten sie Bachs Musik.

Da wollte ich die Platten von Pfarrer Öhler benützen. Glücklicherweise kamen damals auch die Langspielplatten nach Japan (nur zu den Angehörigen der US-Army) und ich kaufte, was nur zu kaufen war. Und wir haben drei Jahre lang entsprechend dem Kirchenjahr gesendet. Kamitomisaka war die Heimat Bachs.

Sie finden sich in meinem Lebenslauf
1. das Bibelinstitut (im Jahre 2000 besteht es 50 Jahre!)
2. die Bachkonzerte und -rezeption
3. und schließlich Bethesda, die Diakonie
Und dann bleibt noch der Auftrag von Emil Brunner: eine Berufsgruppenevangelisation aufzubauen und damit die Geschichte der Kirche zu ändern - das konnte ich aber nicht umsetzen.
Am Ende kam ich hierher (nach Kanita), nachdem ich von Tomisaka weggegangen war. Zuerst allerdings gründete ich das Izumiryo, dann Bethesda, und schließlich Kanita.
Jetzt bin ich am zusammenbinden. Vieles ist bei der Ostasienmission heruntergefallen, das ich aufgehoben, ausgenützt habe. Dabei gab es auch Misserfolge. Aber einen Preis von Deutschland könnte ich schon verdient haben. Aber den gibt es eben nicht. Ich werde meinen Lohn im Himmel abholen. Als Pfarrerssohn wurde ich geboren, Pfarrer wollte ich nicht werden, aber in die Welt hinausgegangen bin ich und da hat mich Hennig zum Pfarrer gemacht.
Und ich kann auch deutlich sagen, dass ich nie ein ordentliches Pfarrergehalt bekommen habe. Ich war ja auch kein richtiger Pfarrer. Jedoch, ich glaube, so wie ich lebte, ist es das Leben eines richtigen Pfarrers gewesen. Am Anfang wollte ich kein Pfarrer werden, aber am Ende scheide ich als Pfarrer. Das ist doch eine tolle Entwicklung. Wer hat mich wohl auf diesen Weg gebracht: Jäckel wahrscheinlich. Hennig hat den Pfarrer als Sekretär benützt. Aber als der Kyodan errichtet wurde, wurde ich auch offiziell Pfarrer und bekam diesen Titel. In meinen Büchern wird von vielen guten Erfahrungen berichtet.

Am Ende meiner Tomisaka-Zeit gab es etwas zum Stolpern:
Junge ist zur falschen Zeit gestorben. Pfarrer Hermann Junge (1884-1953) starb so plötzlich und Pfarrer Ernst Rhode (23.05.1909-18.09.1980) war ein Mensch, der nichts begriffen hatte. Als ich ihm von meinen Problemen schrieb, da antwortete er mir nur: wenn ich aufhören wolle, dann solle ich eben aufhören.
Ich wollte ja schon vorher aufhören, aber jetzt wurde ich rausgeworfen. Von Pfarrer Harald Öhler (16.05.1913-19.07.1980). Ich hatte nach 18 Jahren in Tomisaka keinen Ort, zu dem ich gehen konnte.
Was ist schon ein Missionar: er will bedient werden, nicht dienen. Da liegt auch der Fehler des Xavier (1506-1552) als er vor 400 Jahren nach Japan kam. Er sagte, er sei gekommen um dieses Land zu retten. Aber in Wahrheit kamen die Missionare damals, um Japan zu erobern. Er hat gelogen. Und das hat Hideyoshi (1537-1598) erkannt...

Mit welchen Motiven haben die großen Schweizer und Deutschen den Pfarrer Spinner nach Japan geschickt? Auch die Gespräche, die dazu führten, möchte ich gerne hören.
Pfarrer Munzinger – eine japanische Frau hat sein Buch in einem Antiquariat in München zufällig gefunden und die Hälfte etwa übersetzt und veröffentlicht. Er kommt also nach Japan und berichtet dies und das. Und alles ist falsch. Wer das kirchliche Jahrbuch durchsieht, der weiss dann auch wie viele Missionare nach Japan kamen - und alle haben nichts getaugt. Von diesem Buch möchte ich eigentlich auch die andere Hälfte kennen lernen.

Zuerst habe ich mit Limar Hennig zusammengearbeitet. Ich traf ihn zum ersten Mal am 9.9.1937. Am selben Tag haben wir Prof. Sakaeda besucht.
Ab 12.9. habe ich mit Predigen begonnen. Als Sekretär der Mission wurde ich schnell zum Pfarrer gemacht. Ich sagte immer wieder, dass ich kein Pfarrer sei, dass Hennig der Pfarrer sei und ich nur der Assistent, der Übersetzer.
Natürlich habe ich gepredigt, japanisch. Und freilich sind durch mich viele verschiedene Menschen nach Tomisaka gekommen. Und manchen konnte ich helfen.

Eines Tages sagte mir Hennig, dass er zum Studium in die USA will. Ich habe ihn gefragt, ob er denn in den USA Professor werden wolle. Nein, sagte er, sondern nur zum Studium. Er habe vom Union Theological Seminary ein Stipendium erhalten. Ich beharrte darauf, dass dies doch komisch sei. Aber er sagte, wenn man die USA nicht kenne, könne man auch Japan nicht verstehen. Denn alles Christentum komme gegenwärtig aus den USA. Wenn man in Japan Mission treiben wolle, müsse man zuerst in die USA gehen.

Dann kam von Tsingtau Theodor Jaeckel mit Frau und einem Kind. Er wurde mein zweiter Missionar. Ich sagte ihm, dass er mich entlassen könne, wenn er wolle. Aber YAMAOKA Kikuo, eine zentrale Figur für Tomisaka, hatte gerade die Taufe empfangen. Der hielt mich an der Jacke fest, bitte, höre jetzt nicht auf. Wenn der Sensei aufhört, dann sitze ich in der Klemme. Ich helfe Dir auch in allen Dingen. Bitte, bleibe hier.

Jaeckel war sehr gut im Alten Testament; er konnte hervorragend Hebräisch. Er hatte bei der Herausgabe des hebräischen Wörterbuches mitgearbeitet. Gunkel liebte er über alles. Und er kannte alle Namen. Dieser Mensch hätte für das JBI (Japan Bible Institute) eine gute Führung abgeben können. Das habe ich geglaubt. Und so wollte ich Jäckels Kraft als Hebraist ausnützen und bin geblieben.

Aber dann fing der Krieg an.
Zu Kriegsbeginn war Jäckel im Gebäude der Kirche untergebracht, das auch das Gebäude der Protestantischen Theologischen Schule (Shinkyo Shingaku In oder „Theologische Akademie“) war. Dort, im ersten Obergeschoss, gab es drei Räume. Der kleinste Raum wurde an Tiedemann vermietet für 200 Yen/Monat. Es war das Büro dieser Ein-Mann-Firma des Herrn Tiedemann. Nur durch diesen Raum konnte man in die anderen Räume gehen. Der Sonntagsgottesdienst war mit 10-15 Leuten gut zu organisieren. Aber ich ärgerte mich.
Da begann ich, die „Tomisaka Tayori“ herauszugeben. Hier ließ ich alles heraus, was mich bewegte. Wozu sind denn die Missionare hierher gekommen? Sie behindern uns nur bei unserer Arbeit. Auch wenn wir jetzt 200 Yen/Monat erhalten, und die Tomisaka-Gemeinde sehr schwach ist, müssen wir uns anstrengen. - Das war der Anfang von „Kamitomisaka Tayori“. Insgesamt wurden 105 Nummern gedruckt bis ich entlassen wurde. Zuerst von Hand vervielfältigt, schließlich wurde es sogar gedruckt.

Das Grundstück in Tomisaka umfasst etwa 2000 Tsubo (x3,3,qm) und 9 Gebäude. Dies alles wurde in Deutsch-schweizerische Handelsgesellschaft eingebracht. Daraus ergaben sich Mieteinnahmen. Die Ostasienmission war zu einer Vermietungsgesellschaft geworden. Kurt Meissner (09.03.1885-13.08.1976) und Hennig haben unterschrieben. Dies wurde durch Hessel zerstört.

Er ist 1946 plötzlich auf der Bildfläche erschienen, sagte, er sei Übersetzer bei der Besatzungsarmee. „Ich werfe die Missionare hinaus, die vorher hier waren.“ Ich hatte das schon vorher gehört. „Das Eigentum ist eingefroren. Japan, das den Krieg verloren hat, ist besetzt durch die amerikanische Armee. Das japanische Finanzministerium behandelt Eigentum wie Tomisaka als herrenloses Eigentum. Das wird aufgelöst.“
Ich frage, wie das geschehen kann?
Eine Anordnung von General McArthur.
Damit war die Firma aufgelöst.
Und die East Asia Mission wurde als Eigentum der Schweiz behandelt.
Ich habe keine Ahnung davon, wie und was zwischen Deutschland und der Schweiz verhandelt worden war. Das wurde alles sehr geheimnisvoll behandelt. Keine Fragen wurden beantwortet. Militärgeheimnis, wurde mir gesagt. Ich kann keine Auskunft geben. Dann habe ich nichts mehr gefragt. Hessel hatte seine guten Beziehungen zur Schweizerischen Ostasienmission und schnitt seine Beziehungen nach Deutschland ab. So wurde die Ostasienmission als „East Asia Mission“ ins Vereinsregister der Behörde eingetragen.

Bis heute verstehe ich die Gründe nicht. Nach dem Brand, in einer hilflosen Situation, nach zwei Bombardierungen waren nur noch 4 von 9 Häuser übrig geblieben. Da kommt Hessel und sagt, wir bauen eine Kirche.
Die heutige Kamitomisaka-Kirche. Ich war dankbar dafür. Davon hatte ich nicht zu träumen gewagt. Aber bei genauer Nachfrage hieß es dann, dass Mori Denjiro, ein christlicher Unternehmer, der sein Büro in einem roten Backsteingebäude im Marunouchi-Distrikt beim Hauptbahnhof Tokyo hatte, dort nicht genügend Raum habe. Hessel wollte ihm helfen. Daraufhin stiftete Mori 1 Mill. Yen für die Kirche in Kamitomisaka.

Ich wollte dies Geschenk eigentlich ablehnen. Dieses Geld hatte ein Geschmäckle. Vielleicht gab es dahinter eine dunkle Geschichte. Ich wollte ja nicht ins Gefängnis gehen. Dann traf ich Mori selber. Er verstand meine Befürchtung und sagte, dass er das Geld nicht an Hessel gebe, sondern eine Kirche soll gebaut werde. Damit konnte dann gebaut werden. Der Bauunternehmer kam, schaute sich die Pläne an, die Baumaterialien waren geliefert, morgen soll das Gerüst aufgestellt werden. Da sagt er mir, er mache nicht weiter, sondern höre auf.
Warum?
Er: Bislang habe ich keinen Pfennig erhalten. Der Geldgeber versteht die Arbeiter nicht. Wenn der Bauunternehmer alles vorlegen muss und am Ende sich herausstellt, dass er doch sein Geld nicht erhält, dann muss er Selbstmord begehen. Darum wird es morgen noch keine Feier zur Grundsteinlegung geben
Da erschrak ich, traf mich mit Mori in seinem Büro. Er entschuldigte sich mit diesen Worten: Ich bin Bankrott.

Schon war in Tomisaka alles Bauholz bereitgestellt. Das konnte nun verfaulen. Hessel aber lachte nur. Und ging nach Kyoto.
Ein Jahr war er bei der Armee angestellt. 1947 wurde er entlassen und arbeitete in Kyoto als Missionar. Wie er die East Asia Mission wieder aufgebaut hat - darüber weiß ich nichts Genaues.

Am 1. Januar 1950 gab es die offizielle Trennung zwischen deutschem und schweizerischem Teil. Kyoto gehörte fortan zur Schweiz, Tokyo zu Deutschland. Ich habe mich damals entschieden, mich für die deutsche Ostasienmission einzusetzen. Nicht mit Devaranne, sondern mit Hermann Junge hatte ich engen Kontakt. (Ich habe nie ein Foto gesehen, kenne ihn gar nicht, nur von seinen Briefen her; einige Dutzend Briefe habe ich aufbewahrt.)

1955 bin ich von Tomisaka weg. Nur 5 Jahre hatte ich noch mit den Deutschen zu tun. Pfarrer Junge starb 1953. Danach übernahm Pfarrer Rhode. Er teilte mir das in einem Brief mit. Ich aber habe nur einen Brief an ihn geschrieben. „This will be the first and last letter to you“. Das war schon Abschied. Da kam nämlich Harald Öhler, der Missionar. Und er baute natürlich das abgebrannte Tomisaka wieder auf.
Ich hatte auch meine Vorstellungen: (ohne) Mietshäuser, das wäre zu traurig, sondern mit der Kirche im Zentrum, mit Gemeindegliedern, ausländische Studenten, japanischen Studenten, Studentenheim, und dazu einen Kindergarten.
Der Kindergarten hat eine großartige Geschichte: die Tochter von HANI Motoko 羽仁 もと子 (1873-1957; HaniSetsuko) ging hier in den Kindergarten. Er ist unter den japanischen Kindergärten einer der ältesten und bekanntesten gewesen. Er sollte nun wieder aufgebaut werden. Ein neues gutes Haus sollte gebaut werden.
Ich sagte, dass das etwa 700.000 Yen kosten würde.
Öhler gab seine Zustimmung. Aber eigentlich war es mit Geld nicht getan. Wir mussten auf die Notwendigkeiten der lokalen Gesellschaft eingehen. Die Leute wollten ihre Kinder in den Kindergarten geben, aber nicht in einen armen, sondern einen guten. Sie hatten genug von ihrer eigenen Armut. Also nicht Wiederaufbau, sondern für die neue Zeit einen lustigen, fröhlichen Kindergarten, in dem man träumen konnte. Aber dafür brauchte man etwa 1.200.000 Yen.
Öhler: du hast mich betrogen. Gauner. Warum hast du das nicht vorher gesagt? Dieser Betrag ist viel zu hoch. Wir können dann nichts bauen.
Ich: wenn wir einen Teil des Grundstücks verkaufen, dann haben wir genug Geld. Die Grundschule nebenan möchte sowieso einen Teil kaufen. Mein eigenes Kind dort geht zur Schule. (Ich selber hatte keine persönliche Verpflichtung der Schule gegenüber!) Verkaufe doch ein Stück. Hinten am Grundstück gibt es für uns sowieso keinen Weg; also können wir damit nicht viel anfangen. Aber die Schule kann es gut gebrauchen. Und die Schule wird uns sehr dankbar sein! Damit können wir leicht 500.000-1Mill. Yen bekommen.

Ich sagte nichts Unmögliches zur Mission. Aber Öhler ließ einfach einen anderen Bauunternehmer kommen und ließ einen neuen Bauplan zeichnen.
Am 31. März 1954 kam von der Schulabteilung der Behörde die Anordnung, den Kindergarten zu schließen oder radikale Änderungen durchzuführen.
Warum? Eine Wiedereröffnung des Kindergartens wird sehr begrüßt, jedoch ist das Gebäude völlig unzureichend. Es muss bis zu einem bestimmten Datum neu errichtet werden; ansonsten wird der Kindergarten geschlossen.
Ich habe diese Anordnung ernst genommen. Darum habe ich danach mein Rücktrittsgesuch geschrieben und überreicht: Bitte, entlasst mich. Ich kann keine Verantwortung übernehmen.
Ich war buchstäblich durchs Feuer gegangen. Aber mit einem solchen Missionar kann man im gegenwärtigen Japan nichts anfangen, „lasst mich aufhören“.
Warum dieses plötzliche Rücktrittsgesuch?
Am Tag zuvor hatte ich in der Nacht einen Traum gesehen: in der Kirche waren viele Leute versammelt. Beide Öhlers kamen auf mich zu, drängten die Leute auf die Seite; mit einem Messer in der Hand kamen sie zu mir und haben auf meinen Bauch eingestochen. Ich war zu Tode erschrocken. Aber niemand hat mir geholfen. Das war sicher nur ein Traum. Aber dieses Gefühl war in mir. Als ich aufwachte: ach, wie gut, das war nur ein Traum. Aber auch: Gut. Mein Platz ist künftig nicht mehr hier.

Dann kam Yamaoka: Du darfst nicht aufhören. Es ist niemand als Dein Nachfolger da.
Ich: es gibt genug Leute, die nach mir hier arbeiten können. Sie müssen sich einfach nur mit Herrn Öhler verständigen.

Der Sohn des Gründers der Pioneer-Firma war Pfarrer geworden. Der jüngere Bruder war gerade vom Studium in New York zurückgekehrt. Er wurde nach Tomisaka berufen in dem Gedanken, Pioneer und Tomisaka könnten gemeinsam etwas tun. So kam Matsumoto Raiji 松本頼二 als neuer Pfarrer nach Tomisaka.

Mit ihm wurde der neue Kindergarten gebaut. Irgendwie. Nachdem ich weg war. 2 Jahr Verlängerung wurde durch die Behörde genehmigt. Man brauchte zur Errichtung 3 Jahre. Es wurde gebaut wie Öhler es wollte. Pfarrer Matsumoto wurde Leiter des Kindergartens. Und jetzt besteht der Kindergarten nicht mehr.
Missionar Öhler hatte kein offenes Herz für die Nöte und Probleme der Gesellschaft in deren Mitte er lebt.

Nach Pfarrer Matsumoto Raiji arbeitete Pfarrer Bitoh Shuichi 尾藤 俊一 in Tomisaka und jetzt Pfarrer Ishimaru Yasuki 石丸泰樹.
Die Kirche, so scheint mir, ist oftmals ein komischer Verein. Sie weiss nicht was Kirche ist, zwingt aber ihre Vorstellungen den andern auf. Es gibt ja viele falsche Religionen - und die Kirche ist eine davon.

Das Holz für den Kirchbau verfaulte. Der Kyodan durch KOZAKI Michio 小崎道雄 (1888-1973) und seine Kommission für Kirchenwiederaufbau wurde zum eigentlichen Verantwortlichen. Dort wurde 1 Mill. Yen zur Verfügung gestellt. Das hat Paul S. Meyer - amerikanischer Missionar (oder Kanada?) und Vertreter von 6 verschiedenen Denominationen (Missionsgesellschaften?), die mit dem Kyodan zusammenarbeiteten - organisiert.
Nachdem Hessel ausgeschieden war und bis ein Brief von Pfarrer Junge kam hat Meyer wenigstens seinen Namen hergegeben und das dortige Vermögen verwaltet. Darum hat Meyer auch später Kontakte mit Bethesda gehalten.

So wurde die Kirche unter Mithilfe von Kozaki Michio, Paul S. Meyer und Gemeindegliedern (20.000 Yen) finanziert: etwa 50 Tsubo. Auf dem Fundament des Gebäudes der theologischen Schule wurde aus Backsteinen gebaut.

Ein Vertrag zwischen Ostasienmission/Fukatsu und Herrn Erwin und Elisabeth Kurz (Mietshaus) wurde geschlossen. Ein Vermögensverzeichnis von Tomisaka wurde für die Polizei angefertigt. Ein Mieter war ein Spion der Amerikaner gewesen - er wurde während des Krieges verhaftet und was er zurückließ wurde von mir aufbewahrt.
Auch von Jäckel wurde gesagt, er habe spioniert. Darum wurde er ja von Hessel entlassen. Ich weiss jedoch nicht, ob das wahr ist. Jedenfalls hat Hessel behauptet, dass Jäckel Spion gewesen sei.
Tiedemann wurde auch verhaftet und ich habe seinen Nachlass verwaltet – und benutzt.
Nach dem Krieg wurden alle Deutschen verhaftet und zum Feind erklärt. Deren Eigentum wurde von mir (Fukatsu) verwaltet.

„Ostasienmission sei kein Feind, sondern eben die <East Asia Mission>.“ Daran hat Hessel gearbeitet. Vom Finanzministerium kam ein Brief. Die Verantwortung trug Paul S. Meyer. Er übernahm die Garantie. Und spendete 200.000 Dollar.

Am 13. März 1945 - der erste Brand
Am 25. Mai 1945 - der zweite Brand
Brandbomben waren es, nicht Sprengbomben.

Ich habe mit Itoh und Jäckel gestritten, ob alle Leute aus Tomisaka rausgeworfen und dafür Gemeindeglieder in die noch bestehenden Häuser hereingebeten werden sollen.
Wir brauchten Häuser für Saeki, Itoh, Fukatsu. Das Pfarrhaus habe ich gehasst, es war viel zu dunkel. Für das Missionarshaus haben wir Schulden gemacht.
4 Häuser waren also übrige geblieben: Haus A, Pfarrhaus usw.

Aus dem Feuer gerettet wurde nur diese Kiste. Die ist immer noch auf dem Berg hinter unserm Haus. Die Enkel fragen, warum bewahrst du diese Kiste auf? Ja, mit dieser Kiste verbinden sich viele Erinnerungen. Diese Kiste habe ich im Krieg aus dem Feuer gerettet. Dazu Briefe, die ich von 4 Missionaren erhalten habe. Eigentlich bedarf es ja keines Briefes, wenn man zusammenlebt. Auch die habe ich aufbewahrt und nicht weggeworfen.

Ein schmaler Hefter mit Hennigs Briefen, ein anderer mit Jäckels, wieder einer mit Hessels, ein ganz kleiner mit Junges Briefen.
Jaeckel hat nach seiner Rückkehr ein Buch geschrieben und mir geschickt. Sicher hat er intensive, gute Erinnerungen an die Zeit in Tokyo gehabt. Es ist 1988 in Englisch erschienen.
1940 war Jaeckel nach Tokyo gekommen. Jaeckel hat auch einen Groll gegen mich gehegt als er von hier wegging. Warum? Er selber hat gesagt, er, Theodor Jaeckel, sei von seinem Assistenten Fukatsu entlassen worden, nachdem sie Streit bekommen hätten. So habe ich die Geschichte gehört. Aber in Wahrheit kam ja Hessel und hat auf Jäckels Entlassung gedrängt. Der wahre Grund war der Vorwurf der Spionage. Wer hat zuerst davon geredet? Das war Hessel. Er sagte, Jaeckel sei ein Spion gewesen.
Sicher, während des Krieges hat Jaeckel von mir viele Zahlen erfragt und sie an die Botschaft geschickt. Aber wenn man das „Spionage“ nennen will ...
Natürlich sind nach dem Krieg alle verhaftet und nach Karuizawa in ein Lager verbracht worden.
Tiedemann wurde auch von den neuen Machthabern „behandelt“. Ich habe ihn besucht. Er: weißt du, warum man mich hierher gebracht hat? Ich: Weil Du eine Aluminiumfabrik geleitet und von dort aus Nachrichten nach Amerika geschickt hast. – Das habe ich aber nicht gesagt.
Solche Dinge gab es massenweise während des Krieges.

Man konnte Vieles finden und dann auch sagen, wenn man wollte. Aber das trifft auf alle Seiten zu.
Auch ich habe während des Krieges zweimal eine Vorladung erhalten. Zweimal sollte ich zum Militärdienst eingezogen werden. Gerade da wurde ich krank und zurückgeschickt. Darum kann ich großartige Reden halten; aber wenn man eingezogen wird... - es war die Zeit der Militärherrschaft.
Japan hat den Krieg in den Süden getragen: Malaysia hat es Holland weggenommen, und bei den Eroberungen wurden die Kirchen geschlossen; ich wurde gefragt, ob ich nicht dabei helfen wolle, diese Kirchen wieder öffnen.
Man suchte junge Pfarrer, die auch Englisch sprechen konnten. Das Militär, die Kriegsmarine, suchte über den Kyodan mehrere junge Pfarrer, die Englisch sprechen konnten, die den Kyodan repräsentieren sollten. Dann hat der zuständige Korvettenkapitän mit seiner Autorität dort religiöse Aktivitäten erlaubt. Viele meiner Freunde sind damals ausgereist. Ich habe versucht zu Gott zu beten: ist dies denn der Wille Gottes? Als Werkzeug der Kriegsmarine! Wenn wir diesen Krieg eh verlieren ... - und schließlich habe ich abgelehnt.
Mein Telegramm lautete: „Es ist nicht Gottes Wille, ich lehne ab.“ Nach dieser Ablehnung sollte ich nach Kyushu in die Kohlenbergwerke geschickt werden. Ob ich damit einverstanden sei, künftig als Minenarbeiter zu arbeiten, wurde ich gefragt.
ANDO-kun, ein Theologiestudent schrieb in seinem Buch: Es gab auch Leute wie Fukatsu, die abgelehnt haben. Aber solche Geschichten werden freilich nicht erzählt. Die damaligen Kirchenführer im Kyodan waren Zuarbeiter für das Militär. Und sind überall hingereist.
Ando Hajime lebt jetzt in Chiba als Dekan des Chiba-Kirchenbezirks. Er lebte bei mir im Haus, als Tomisaka im Krieg brannte. Er ist ein Pfarrer, der aus Tomisaka hervorgegangen ist. Er beschreibt die Dinge während des Krieges und über mich. Sein Buch „Ito fukaki fuchi yori“ (Aus der Tiefe...). Er beschreibt darin, wie die Christen während des Krieges mit dem Militär zusammengearbeitet haben. Ein nachdenkliches Buch über diese Zusammenarbeit. Ein gutes Buch.
Er wusste auch, dass ich dieses Telegramm abgeschickt hatte. Ich wurde aber nicht in Kyushu in den Bergwerken vergraben und konnte irgendwie hier dem Ende des Krieges begegnen. Alle meine Freunde, die zu den Inseln im Süden gefahren sind, sind umgekommen. Wenn sie jetzt noch lebten und alle nach Tomisaka kämen - das Bibelinstitut hätten wir miteinander aufbauen können. Und was hätten wir alles miteinander unternehmen können...

Während des Krieges war ich mit Jaeckel zusammen, aber er konnte doch gar nichts tun. Er kam von Tsingtau geflüchtet. Er wurde ja von der East Asia Mission entlassen.

Jetzt stehen wir also nach 120 Jahren Ostasienmission am Finale dieser Geschichte. Was war denn das? Es müßte ein positiveres Ergebnis vorgelegt werden. Es gibt das mögliche Ergebnis, dass alles Misserfolg war oder ein großer Erfolg. Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz im Wasser nicht aufgelöst wird, also verschwindet, stirbt, die Gestalt verliert ... Durch dieses Sterben bekommt das Salz seine Bedeutung.
Besonders die Anfänge der Ostasienmission, als man einen Traum hatte, davon möchte ich mehr hören. Diese Geschichte muss noch geschrieben werden. Der Herzog von Weimar hat seinen Namen hergegeben, und die 8 Leute am Beginn - was wollten sie mit ihrer Mission erreihen?
Ich habe auch einen solchen Menschen, Mikasa-no-Miya 三笠宮崇仁親王 (1915-2016) Mikasa-no-miya Takahito Shinnō, ich verstehe das gut.

1955 ging ich von Kamitomisaka weg. Aber auch in dem, was nachher kam, lebt Kamitomisaka in mir. Das Bibelinstitut, die Bachkonzerte, Bethesda. Die Berufsgruppenevangelisation blieb unerfüllt. So ist einiges unvollständig geblieben. Aber hier ist die Kolonie: Kanita.

Warum habe ich dieses angefangen? Als ich nach dem Krieg noch in Tomisaka war, gab es eine Menge Bettler. Die Kirche hat diese Leute alle verstoßen, „die Steine, von den Bauleuten verworfen“. Ich wollte sie nicht verwerfen, sondern habe mich ernsthaft um sie bemüht. Tomisaka wurde zu einem Bettler-Dorf. Die hat Öhler alle angefangen hinauszuwerfen. Und ich habe versucht, das Bekenntnis durchzuhalten; Mission heißt doch ein kirchliches Zeugnis geben. D.h. doch einzutreten für die Schwachen. Das war der Scheideweg, an dem wir, die Ostasienmission damals stand. Sich dem Niedrigen zuwenden. Und schließlich war das Ergebnis Bethesda.

Dass ich mich mit der Mission wieder versöhnen kann, mit der ich im Streit gelegen habe... Aber ich habe doch nicht gestritten, man hat mich doch hinausgeworfen.

1940 gab es die Vereinigung aller Denominationen zum Kyodan. Alle Kirchen in Japan waren betroffen. Jaeckel hat das auch akzeptiert. Er hat das befürwortet. So kam es auch, dass ich, der ich immer gegen das Pfarrer-sein war, schließlich doch mein Leben als Pfarrer beenden kann. Das ist das Ergebnis von Hennigs Bemühungen. Und der Ostasienmission. Die mich betrogen und betrogen hat. Sie hat mich doch zum Pfarrer gemacht.

AOKI Ritsuhiko 青木りつひこ (*1872 - +1930) war ein Mitarbeiter von Pfarrer Schiller. Er hat in Kyoto gearbeitet und Schiller geholfen. Der Matthäuskommentar ist eine Nachschrift von Schiller. Es ist ein sehr gutes Japanisch.
Wenn wir das jetzt lesen, dann kommt darin der Auftrag der Ostasienmission deutlich zum Vorschein, d.h. die neue Theologie, Freies Christentum, Freie Theologie. Wenn ich jetzt darin lese, kommt es mir auch gar nicht veraltet vor. Aber persönlich habe ich Aoki nicht kennen gelernt.

Freies Christentum – Pfleiderer, Kanamori, Doshisha. Aber das war in Wahrheit die Arbeit von Tomisaka. Ich denke, es ist ein großes Geschenk, dies aus Tomisaka mitgenommen zu haben und draußen umzusetzen. Minami fasst das in seinem Buch gut zusammen.

Schickt bitte keine schlechten Missionare mehr nach Japan. Man hätte alles die Japaner machen lassen können, aber es gab keinen Missionar, der dazu in der Lage gewesen wäre.

Jedoch, das Bibelinstitut ging wieder nach Tomisaka zurück. Irgendwie wird es schon gut werden.

1935 ging Hessel nach den USA. Es war eine sehr komische Art aufzuhören. Er war Barthianer. Als er nach Kyoto ging, hat er alles, was Schiller aufgebaut hatte, zerstört.
Hennig ist 1936 gekommen
1937 kam ich nach Tomisaka.
1938 habe ich mir eine Glatze geschoren.
1941 kam schon Jaeckel.
Mit Jaeckels Kommen gab es die Abschiedsversammlung für Hennig.
Bevor der Krieg richtig begann, kam Hennig wieder zurück.
Ab 10. Juni 1943 haben wir in Tomisaka gewohnt.
Unser Wegzug von Tomisaka war dann tatsächlich 1955.
Beide, Hennig und Jäckel, haben sich kurz in Tokyo getroffen.
Jaeckel ging dann noch mal zurück und hat die Familie geholt.
Von Tsingtao nach Tokyo brauchte man nicht einmal 3 Tage

Togozaka-Kirche: Harano Tamao, Christ, Laie, schrieb ein Buch, hg. am 15.11.1945 “Togozaka Fukufukuin Tsushin”. Darin stehen die Anfänge der Ostasienmission deutlich geschrieben. Togozaka blieb bis zum Ende erhalten. Pfr. Akashi stand kurz vor seinem Ruhestand, war schwach und sollte seinen Dienst beenden, sollte rausgeworfen werden. Akashi konnte das nicht nachvollziehen und machte sich mit seiner Gemeinde selbständig. So wurde Fukatsu der Vertreter der Ostasienmission bei den Vereinigungsgesprächen des Kyodan.

Die Bewegung zur Vereinigung der Kirchen musste ich begleiten als einer, der außerhalb stand. Aber man sagte mir, wir haben nichts gegen Dich wenn Du kommst.
So gab es dieses Foto von der Vereinigungskommission vom 14. 2. 1941 (beim YMCA). Da steht Fukatsu, der einzige junge Mann. 36 Kirchenvertreter trafen sich.
Foto von der Vereinigungsfeier am 24. 6. 1941. Die Vorbereitung wurde lange diskutiert. Von der Ostasienmission war Jäckel dafür verantwortlich. Und die Togozaka-Kirche war dagegen. Es war die einzige Gemeinde in Japan, die außerhalb des Kyodan blieb. Alle anderen Gemeinden wurden im Kyodan zusammengefasst. (Mit der Togozaka-Gemeinde konnte man kaum umgehen. Das Ende der Gemeinde wurde dann auch das Ende des Freien Christentums in Japan.)
Ich habe mich nur ein Mal zu Wort gemeldet: über das Credo hat man gestritten. Das ist beschämend, wenn man es draußen hört. So meldete ich mich zu Wort und sagte, wir sollten den Kyodan zunächst ohne ein Credo schaffen. Das führte zu einer heißen Debatte. Tomita Mitsuru, Kozaki Michio. Ich war der Meinung, Tomita soll zurücktreten und Kozaki an die Spitze des Kyodan. So wurde der Kyodan mit einer festen Ordnung gegründet, aber ohne ein gemeinsames Credo.
Das habe ich befördert.

Die Togozaka-Kirche war für die Deutschen in Tokyo und Yokohama.
Vom Kaiser kam das Geld für die Errichtung. Das Haus von General Togo stand gerade gegenüber, auch heute noch. Immer, wenn die deutsche Gemeinde Gottesdienst hielt, ist der Gottesdienst der Akashi-Gemeinde ausgefallen. Vielleicht hat die deutsche Gemeinde nur einmal im Monat Gottesdienst gehalten, ansonsten fand der Gottesdienst von Pfr. Akashi statt. Missionar war damals Pfr. Weidinger , mit der Ostasienmission gekommen. Aber in Wahrheit hat er für die Deutschen von Tokyo und Yokohama als Pfarrer gearbeitet, er hat auch dort gewohnt. Ich war öfter dort zum Orgelspiel. Ich habe die Kirche ein wenig beneidet: eine aus Holz errichtete, vom Kaiser gespendete Kirche. In der Mitte stand der Altar. Beim Gottesdienst und Abendmahl herrschte eine feierliche, erhabene Stimmung. Hier gab es eine Orgel; damals gab es in ganz Japan nur 1 oder 2 Orgeln. Und diese durfte ich spielen...

Ich dachte damals, alles was Deutsch ist, ist alles gut. Ich war ein Deutschland-Fan. Und das von Herzen, ich habe Englisch gelernt und war doch vom Deutschlehrer begeistert.

Ich habe also auch diesen Schatz von der Ostasienmission geschenkt bekommen. Zumindest den Samen dafür. Zweige sind aus dem Stamm der Ostasienmission gewachsen, einer wurde herausgeschnitten und neu gesetzt. Der ist ein großer Baum geworden und hat Früchte getragen. Alles, was ich habe und bin, kam von der Ostasienmission.
Darum bedanke ich mich bei der Ostasienmission.

Von Tomisaka mit seinen 2000 Tsubo Land bin ich herausgefallen. Die Ostasienmission hat mich vertrieben - und das wurde für mich zum Reichtum. Wenn am Ende des 20. Jahrhunderts - und in der japanischen Kulturgeschichte ist das Wichtigste die Geschichte des japanischen Christentums - dann müssen die 120 Jahre der Ostasienmission dabei vorkommen, denn sie ist wirklich einen herausragenden Weg gegangen.

Es ist schön, wenn die Ostasienmission wieder zurückfindet zur deutsch-schweizerischen Gemeinsamkeit, wo alles ja einmal angefangen hat. Ich hatte ja nur mit Tokyo, Tomisaka zu tun; Schiller ebenso wie Kyoto - das ist mir ziemlich gleichgültig gewesen; aber wenn wir die Geschichte der Welt betrachten, dann sind die fortschrittlichen Christen aus diesen beiden Ländern hervorgegangen. Vom Herzog nach Japan geschickt: Spinner.
Das klingt doch wie ein tolles Märchen.

 

NAKAZAWA Kooki war Sekretär nach mir, also bei Pfr. Öhler. Er kam von der Mukyokai und ich habe ihn gebeten, nach Tomisaka zu kommen, damit Kirche und Nichtkirche enger zusammenrücken. Das war mein liberales Ziel.
Sowohl das Bibelinstitut als auch das Studentenwohnheim haben von der Geschichte her gesehen eine enge Beziehung zur Mukyokai.
Nakazawa ist vor kurzem gestorben.
Nach ihm wurde Sekine Masao Sekretär bei der Ostasienmission.
Das Bibelinstitut hat sich zu meiner Überraschung großartig entwickelt – vielleicht, weil es aus Tomisaka vertrieben worden ist. Ein Weizenkorn fällt in die Erde und trägt vielfache Frucht ...
Auch Satake Akira war später Schüler im Bibelinstitut.

Der Sinn der Gründung der Ostasienmission einerseits und die Arbeit, das Leben der Missionare vor Ort - diese Differenz ist das Problem. Das möchte ich, dass Sie es verstehen. Dafür bin ich dankbar.

1937 – 1955: 18 Jahre verbrachte ich bei der Ostasienmission. Danach habe ich den dort gewonnen Samen gemäß meinem Gewissen ausgesät. Auch das war nicht einfach.

Als ich mit den Diakonissen anfing, dachte ich, die Probleme seien jetzt gelöst. Aber warum trat diese Person Frau Kücklich hervor? Sie hat es toll verstanden, mir heimtückisch zu begegnen. Im Heim, das Frau Kücklich gebaut hat, war ich dann drei Jahre lang. Im 4. Jahr sagte sie, ich solle die Anstalt verlassen. „Baue in Tokyo ein Mutterhaus.“ Als ich dort ankam,
gab es Widerstand von der amerikanischen Mission. Mir war, als wäre das Gerüst aufgestellt, ich stehe darauf und die Leiter wird unten weggenommen. Und so fiel ich herab, und wurde schwer verwundet.

Übrigens: im Haus neben der Kirche in Tomisaka habe auch ich gewohnt (Haus A).
Das Haus hat Hennig gebaut. Jeden Monat musste für das Haus abgezahlt werden. Das geschah mit Hilfe der Deutsch-schweizerischen Handelsgesellschaft. Nach dem Brand in Tomisaka sind auch wir dort eingezogen.

Als wir in diesem Haus gewohnt haben, kam Hessel. Er sagte uns, dass wir ausziehen sollen. Wir mussten in das Haus daneben umziehen. Dann wurde das Haus an einen Finnländer vermietet. Wenn ein Japaner hier wohne, sei das Verschwendung. Auch Öhler dachte so, war aber dazu noch ein richtiger Geizhals. Zum Schluss wollte ich gar nichts mehr sagen zu all dem was vor sich ging.

Im Haus daneben wohnte eine Zeitlang der Hausarzt des Tenno. Er hieß Saigo. Das Haus haben wir dann übernommen und vermietet. Hier haben wir das Bibelinstitut gegründet, hier habe ich Mikasa-no-Miya gerufen. Dann wurde es als Pfarrhaus benutzt. Das wurde im Krieg nicht verbrannt, sondern blieb übrig. Erst 1976 brannte dieses Haus ab. Da war ich sehr traurig.

Nun kann ich gerne sterben. Ich habe oft Misserfolg gehabt, versagt. Selbst bei der Diakonischen Arbeit ist mir vieles nicht gelungen. Kolonie ist nicht recht geworden: ich wollte eine 1 Mill. Tsubo große Kolonie aufbauen, daraus wurde nur eine von 100.000 Tsubo. Aus Tomisaka wurde ich vertrieben. Das Bibelinstitut wurde auch vertrieben. So konnte ich fast nichts vollbringen. Habe ich gedacht. Aber im Himmel wird es alles aufbewahrt werden. Meine Träume waren vielleicht falsch, aber Gottes Pläne haben sich durchgesetzt.
Jedoch, wenn ich mich umsehe merke ich, dass meine Träume viele Menschen in Bewegung gesetzt haben.

Die japanische Kirche muss, anders als vor dem Krieg, einen Zukunftstraum hegen.

Für die Theologen aus USA war das kein Christentum mehr, was die Ostasienmission nach Japan gebracht hatte. So ging man zu den Unitariern - Pfr. Akashi. Aber das ist nun wirklich verschwunden.
Dann kamen Hennig, Jaeckel, Hessel, Öhler. Von der zweiten Generation, besonders nach dem Krieg, gibt es keine interessanten Aufzeichnungen mehr. Und doch gibt es noch einiges zu entdecken, bis hin nach Tateyama.

Geblieben sind auch die Losungen, seit Hennigs Zeiten. Es war eine unsinnige Arbeit, die nur viel Zeit gekostet hat: die Übersetzungsarbeit. 1939 haben wir damit angefangen. Ich war dagegen, aber Hennig hat darauf bestanden. Ich dachte, dass das doch hier nicht verkauft werden kann. Und tatsächlich, die Losungen fanden keinen Absatz. Dann wurde das Mutterhaus Bethseda aufgebaut, wo die Schwestern jeden Morgen die Losung gelesen haben.
1950 gab es einmalig eine Ausgabe vom Kyobunkwan betreut. 1959 vom Mutterhaus. Da haben wir einen Sonderdruck hergestellt. Das war eigentlich nicht erlaubt. Wir sollten vor allem nicht in Teilen veröffentlichen. Nur das Ganze sollte publiziert werden.
Ich habe sie dann in eine neue Gestalt gebracht, die man in die Jackentasche stecken kann. Und zwar so, dass man beim Aufschlagen immer die ganze Woche vor Augen hat. Die alttestamentlichen und neutestamentlichen Texte nur, die Lied- und Gebetsverse waren nicht zu übersetzen.
Losungen, Wochenspruch, Jahreslosung, Monatsspruch. Zuerst haben wir das Büchlein den Schwestern zum täglichen Gebrauch gegeben.
Auch diese Arbeit konnte ich nicht aufgeben, denn sie wurden schließlich von immer mehr Menschen verlangt. Z. B. bestellte Prof. MIYATA Mitsuo im letzten Jahr 50 oder 100 Stück. Er hat einen Artikel über die Losungen geschrieben. Daraufhin wurden wieder viele bestellt. Ich habe den Kyodan gebeten, diese Arbeit zu übernehmen. Aber der Kyodan sagt, dass man nicht ein Knecht der Herrnhuter werden will. Der Kyodan wollte seine eigenen Losungen machen.

Ich heisse Fukatsu: fukai = tief, tsu = hafen; also: Tiefer Hafen 深 津.
Mein Vater sagte aber: fu – katsu kommt von: nicht gewinnen.不 活
Das ist meine Philsophie, sagte mein Vater. Keinen Streit provozieren, lieber verlieren. In Japan gibt es das Sprichwort: Verlieren ist gewinnen.
Ich könnte gewinnen, aber I never win in this world. Das ist mein Glaube, den ich mir immer selber sage.
Es ist Imperialismus, wenn die Mission meint, sie könne etwas aufzwingen. Sie will so oft (oder immer) gewinnen! Aber dienen und helfen...
Wenn ich die Berichte der Mission lese, dann überwältigt mich nur noch Zorn.
Ganz schlimm ist es, wenn berichtet wird, wann was wo stattfinden wird - alles Ereignisse, die in der Zukunft liegen. Aber von dem allem konnte nur weniges, das allerwenigste in die Praxis umgesetzt werden. Der Bericht müßte also korrigiert werden, was aber in aller Regel nicht geschieht.
Aber dies habe ich seit der Zeit von Jaeckel, Hessel, dann wieder bei Öhler erlebt - bis ich in Tomisaka aufhörte.

Ich habe gestern doch noch entdeckt, dass Jaeckel tatsächlich mit seiner Familie am 24. 9. 1940 in Japan eintraf. Zuvor war er am 2. 6. 1940 allein gekommen.
Am 16. 8. 1940 reiste Hennig mit dem Schiff nach USA.

Sich noch einmal versöhnen dürfen mit denen, mit denen man sich verkracht hatte - das hat Gott nun erlaubt. Auch wenn von allem andern nicht mehr die Rede wäre und nur von diesem, und das aufgeschrieben würde, dann wäre es genug und gut. Das ist meine Herzensbitte.

Der letzte Missionar* kam hierher nur um die interessanten, schönen Dinge zu berichten; aber er hat von Japan gar nichts verstanden.

 

Anmerkungen:
* Er sprach von meinem Vorvorgänger in Tomisaka, der 1966 nach Deutshland zurückkehrte.

 

 

 

 

 

 

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