Begegnungstagung 2010: Berichte Busch und Fröhlich

Heinrich Busch

Theologie der Religionen
Erfahrungsbericht von Heinrich Busch

Am Neujahrstag des Jahres 2004 besuchte ich in der Aoyama-Gakuin-Universität den Gottesdienst des Süd-West-Bezirks. Der Gottesdienstraum war sehr groß und es waren viele Christen gekommen. Der japanische Pfarrer begrüßte die Christen und verkniff sich einen Seitenhieb nicht: "Ich freue mich, dass Sie heute so zahlreich gekommen sind - und das im Gegensatz zu den vergangenen Jahren ganz ohne Glücksrechen und sonstigen Glücksbringern..." Der Pfarrer hob auf die spezielle japanische Situation ab: Am Neujahrstag besuchen japanische Familien traditionell Schreine und Tempel. Und manch einer schien sich mit Glücksbringern auch in christliche Gottesdienste zu "verirren"...

Was ich in der Kirche am Neujahrstag erlebte, mag ein Beispiel für das sein, was man in Japan jeden Tag beobachten konnte. JapanerInnen besuchen buddhistische Tempel und im nächsten Atemzug einen shintoistischen Schrein. Sie heiraten christlich, obwohl sie keine Christen sind... JapanerInnen erleben viele Religionen nebeneinander in ihrem Alltag und sie gehen mit Religionen ganz anders um als wir. Sie sehen nicht unbedingt einen Widerspruch zwischen den Religionen, verstehen sich - auch aus einer historischen Symbiose zwischen Buddhismus und Shintoismus bedingt - nicht ausschließlich einer der beiden Religionen zugehörig.

Dieser pragmatische Umgang mit Religion war für mich neu und total anders!

Als ich nach Japan kam, tat ich das besonders aus dem Interesse, Christen in einer Minderheitensituation zu erleben. Mich interessierte, wie Christen in dieser Situation mit anderen Religionen umgehen und ihnen begegnen. Bislang waren die anderen Religionen kaum in meinen Blick gekommen. Ich kannte den Missionsbefehl, der ja etwas über das Verhältnis zu anderen Religionen aussagt. Der Begriff "Mission" war für mich exklusivistisch geprägt. Doch ob das zeitgemäß wäre, daran hatte ich anfragen. Die Vorlage vieler JapanerInnen, eine Religion nach der anderen aufzusuchen, setzte mich angesichts eines exklusivistischen Verständnisses von Religionen ganz schön in Erstaunen.

Vor diesem Hintergrund brachte mir das Fach "Theologie der Religionen" bei Prof. Jan van Bragt die Erkenntnis, dass sich die Religionen zueinander in ein Verhältnis setzen lassen. Denn Theologie der Religionen versucht zu ergründen, welche Rolle die anderen Religionen für christliche Theologie bzw. welche Rolle das Christentum für die anderen Religionen spielt. Letztlich geht es dabei um die Frage nach dem Heil bzw. der Wahrheit in den Religionen. Können andere Religionen aus christlicher Sicht zum Heil führen oder haben sie Elemente des Heils? Dieses Denken war neu für mich.

Ich traf während meiner Gemeindepraktika einen Pfarrer in Tokyo, der mir erzählte, natürlich führten letztlich alle Religionen zum Heil. Einen ähnlichen Ansatz hatten wir in "Theologie der Religionen" kennengelernt: den religionsphilosophischen pluralistische Ansatz, der davon ausging, alle Religionen seien letztlich unterschiedliche Ausformungen menschlichen Glaubens an einen absoluten Seinsgrund bzw. eine ultimate Realität, die eben wir Christen und die anderen abrahamitischen Religionen als Gott bezeichnen, die Buddhisten als Nirwana usw. Doch herausgefordert von den japanischen Religionen, die wir mit ihren Festen und Gebräuchen kennenlernten und wie z.B. das Meditieren auch versuchsweise ausprobierten, merkte ich für mich: Dieser Ansatz wird dem eigenen Glauben nicht gerecht. Unterschiede zwischen den Religionen sind nicht so einfach zu relativieren. Der Kern meines Glaubens ist einzigartig. Zum Gebet - so habe ich festgestellt - brauche ich beispielsweise einen persönlichen Gott. Das gibt mir Halt.

Eines lehrte mich der Kontakt mit den Religionen in Japan. Die religiösen Bedürfnisse der Menschen anderer Religionen sind genauso ernst gemeint wie meine eigenen. Eine befreundete japanische Familie führte mich zu einem Schrein in Kyoto. Dort bestiegen Mutter und Tochter die Stufen zu einem Schrein. Sie griffen dort an eine Kordel, dann klatschten sie mehrmals in die Hand. Anderen, die man schätzt, beim Praktizieren ihres Glaubens zuzuschauen, rührt an. Unser christlicher Glaube bietet genug Möglichkeiten, den anderen dabei nicht einfach als den Menschen anzusehen, der falsch glaubt und der vielleicht sogar von Gott verworfen sein könnte. Stattdessen gibt es Möglichkeiten den anderen anders zu beurteilen - als Mensch, als Nächster, den es zu lieben gilt.

Das kann auch einen Dialog, eine Diskussion beinhalten, die deutliche Differenzen aufzeigt, diese aber auch aushält. Im Gespräch setzen wir uns ja mit den Glaubensinhalten anderer auseinander, v.a. aber auch mit den eigenen. Dialog lebt dabei von deutlichen Positionen. Natürlich ist interessant, wie andere Menschen ihren Glauben sehen, aber es bringt nichts, wenn sie alles persönlich relativieren. Wenn ich mit einem Buddhisten einer bestimmten Sekte das Gespräch suche, dann möchte ich auch den buddhistischen Standpunkt und nicht nur den eigenen von ihm hören. Dialog kann davon gerne erschwert werden, aber es kann auch zu einem Nachdenken und einem Vertiefen des eigenen Glaubens führen.

Interreligiöser Dialog braucht Sensibilität von beiden Seiten: Wenn wir Buddhisten in ihren Tempeln besuchten, dann kam mehr als einmal die Frage auf, ob wir uns aus Respekt auch vor Buddha verbeugen können oder ob es sich dabei um Idolatrie handeln würde. Ich denke, Dialog und Begegnung muss in einer Atmosphäre stattfinden, in der man durchaus Praktiken des anderen kennenlernen kann, aber es muss immer die Möglichkeit für beide Seiten bestehen, sich zu distanzieren, ohne dabei angegriffen zu werden.

Ich habe auch gelernt, Religionen differenzierter zu beurteilen: Es gibt tatsächlich Bereiche, in denen man Ähnlichkeiten zwischen Christentum und bestimmten buddhistischen Sekten entdecken könnte, z.B. bezüglich der Barmherzigkeit in der Ethik oder im Hinblick auf den Gnadenbegriff. Diese Bereiche zu kennen, ist gut und nützlich. Umgangsformen miteinander zu entwickeln, so dass Menschen gemeinsam feiern können, sich begegnen können und Glaube nicht zum Hemmnis der Begegnung wird, ist ein wichtiges Ziel des Dialogs. Das Fremde und Faszinierende könnte mich zur Begegnung auch locken, mich neugierig machen.

Schwierig ist die Patchwork Religiosität. Ein herausragendes Beispiel dafür war die Vermieterin von Michael Fröhlich und mir. Sie hat sich ihre eigene Religion "zusammengebastelt". Sie kam mit immer neuen Gedanken, suchte immerhin das Gespräch, fragte, was wir da und dazu denken, aber hielt in der einen Religion das, in der anderen das für wahr und bezog dabei Kräfte der Planeten mit ein. Bei solchen Modellen tauchen mehr Fragen auf, als gelöst werden können. Den Religionen gegenüber indifferent zu bleiben, zeugt nicht von Problembewusstsein. Doch etwas anderes ist es, sich auf die Suche zu begeben nach religiösen Einsichten und Praktiken. Es ist wie ein Suchen und am Ende gerne auch ein Finden. Man kann z.B. eine Glaubenspraxis oder Elemente daraus für den eigenen Glauben fruchtbar machen, wie wir es ja hier in Arnoldshain mit der Meditation selbst auch tun.

Der christliche Glaube und die christliche Hoffnung ist Gottes Heilsweg für uns Menschen. Auch die Existenz anderer Religionen kann daran aus meiner Sicht nichts ändern. Im Gegenteil: Ihre Existenz hat dazu geführt, dass ich während meiner Japanzeit meinen Glauben als eine Art Heimat entdeckte. Letztlich kenne ich Gottes Willen mit den anderen Religionen nicht, seine Möglichkeiten übersteigen menschliche Möglichkeiten. Sein Wirken bleibt immer auch ein Geheimnis. Insofern bin ich schließlich zu einem Vertreter des Inklusivismus geworden, der darauf vertraut, dass Menschen in anderen Religionen auch Elemente des Heils finden können.

Deswegen bleibt es wichtig:

  • Anderen Religionen respektvoll zu begegnen. Ich kann die Gläubigen anderer Religionen sogar ins Gebet einschließen.

  • Den offenen und ehrlichen Dialog zu suchen und eigene Glaubensüberzeugungen nicht zu relativieren.

Heute arbeite ich als Studienleiter in einem Theologischen Studienheim in Erlangen. Dort wohnen viele Studierende verschiedener Fakultäten, auch Theologiestudierende. In meiner Arbeit äußern sich meine Erfahrungen konkret darin, dass ich mit Studierenden jedes Semester die Begegnung und das Gespräch mit einer Religion und ihren Vertretern suche. Ich bin glücklich und dankbar für meine Erfahrungen in Japan und möchte auf diesem Wege etwas von dem dort begegneten Reichtum an Erfahrungen weitergeben.

Heinrich Busch, Pfr. z.A. 

 

Michael Fröhlich

Folgen eines Studienaufenthaltes in Kyoto
für die Praxis eines Gemeindepfarrers

Vortrag im Rahmen des Kollegs Faszination Buddhismusin der Ev. Akademie Arnoldshain im Februar 2010.
Bei dem obengenannten Thema habe ich zunächst einmal lange gezögert:.Sollte ich nun berichten von Zen-Seminaren in unseren Gemeinderäumen oder von Studienreisen nach Japan mit meinem Frauenkreis? Habe ich japanisches Liedgut eingeführt in unseren Gottesdienst oder einen interreligiösen Gesprächskreis initiiert? Leider alles Fehlanzeige.

Worauf kann es also hinauslaufen?

Wo sind die ja vielleicht doch vorhandenen feineren und subtileren Auswirkungen dieses halben Jahres in Japan auf meine Praxis als Gemeindepfarrer?

Bevor ich dazu komme, will ich erst mal einen Schritt zurückgehen:

Ich war im Winterhalbjahr 2003/04, meinem Studienaufenthalt in Kyoto, zwar erst ein halbes Jahr ordiniert, kam aber eben doch aus der pfarramtlichen Praxis und nicht mehr aus Studienzusammenhängen.

Mein Fokus war daraus resultierend, stärker auf die praktischen Vollzüge und Gegebenheiten des zeitgenössischen religiösen Lebens in Japan gerichtet als auf eine eher akademische Betrachtung theoretischer Konzepte, historischer Grundlagen, etc.

Mein Ziel war es, herauszufinden wie Religiosität in Japan praktisch gelebt und organisiert wird und welche Rolle das Christentum als in diesem kulturellen Setting eingenommen hat.

Ich wollte darüber hinaus genauer verstehen, wozu Religion in einer Gesellschaft gebraucht wird, welche Aufgaben sie unabhängig von traditionsgebunden Vorgaben erfüllt und schließlich womöglich Alternativen zu mir bekannten Organisationsformen entdecken.

Es war dann v.a. das einzigartige Phänomen des job-sharing der Religionen in Japan, also die Aufteilung religiöser Grundbedürfnisse auf die verschiedenen Religionen und damit zugleich die Teilhabe der meisten Japaner an mehr als nur einer einzigen Religion die bei mir einiges Nachdenken auslöste.

Z.B. die Frage, was verändert sich in unserer Selbstwahrnehmung als christliche Kirche, wenn wir den Gedanken an eine vollständige Christianisierung unserer Welt tatsächlich aufgeben?

Wie muss religiöse Wahrheit dann gedacht werden, wenn wir sie als Vertreter einer bestimmten Konfession nicht mehr exklusiv, sondern eher additiv verstehen, also so, das Splitter der einen Wahrheit in vielen religiösen Facetten vorhanden sind.

Was heißt dann Zeugenschaft und wofür steht dann in erster Linie das christliche Bekenntnis im Konzert der Religionen?

Ich glaube, wer, wie wir Studierende im Rahmen des Seminars Gelegenheit hatte, nicht nur die theoretische Seite anderer Religionen uns anzuschauen, sondern darüber hinaus durch die verschiedenen Begegnungen und die ausgewählten Lehrer auch etwas persönliches und atmosphärisches über diese Religionen sich eben mitteilt, der kann hinter solche Fragen dann auch im dt. Alltag kaum noch zurück und sich nicht wieder einfach einmauern in seine westeuropäische, religiöse Wagenburg.

Ein weiteres will ich nennen:

In Japan erschien mir gerade durch die ungeheure Fremdheit alles viel unvermittelter und deutlicher sich darzustellen, greller und ungeschminkter quasi.

Das gilt auch für den Missbrauch von Religion und Religiosität.

Ein solcher war im Rahmen der erwähnten Exkursionen durchaus an der ein oder anderen Stelle wahrnehmbar: Etwa bei einigen der nationalistisch und persönlich stark vereinnahmenden, dabei höchst professionell organisierten Neureligionen, aber auch bei manchen z.T. sichtlich kraftlos gewordenen, stärker traditionellen buddhistischen Schulen, die sich vorrangig der Besitzstandswahrung verschrieben zu haben scheinen.

Interessanterweise hält das Christentum hier einiges von der Faszination gerade für junge Japaner bereit, die wiederum im Westen dem Buddhismus mit seinem Image der Friedfertigkeit und Toleranz innewohnt.

Ich berichte davon in Gesprächen in meinem pfarramtlichen Alltag sehr gerne gerade auch im Kontakt mit der dem Buddhismus ja sehr nahestehenden akademischen Mittelschicht und ich glaube, das bewirkt auch einiges Nachdenken. Meine Einsicht an der Stelle war die, das Menschen wohl auch in religiöser Hinsicht dazu neigen, das, was man konkret nicht vor Augen hat, in Form von Institutionen, gelebtem religiösen Alltag, Repräsentanten zu einem religiösen Sehnsuchtsort zu machen. Das gilt hierzulande in weiten Teilen für den Buddhismus, wie  es umgekehrt in Japan eben für das dort kaum wirklich sichtbare Christentum gilt.

In Bezug auf meine eigene konfessionelle Prägung, also das protestantisch geprägte Christentum, ist für mich im Verlauf des Studienganges die Notwendigkeit noch deutlicher geworden, die Frage nach der religiösen Erfahrung aufzugreifen.

Im Kontakt mit den vielfachen Formen oft ganz selbstverständlich praktizierter Spiritualität in Japan wurde mir diese ja oft beklagte Lehrstelle sehr bewusst.

Für mich resultierte daraus, ein stärkeres Bemühen, neue Wege und Räume für religiöse Erfahrungen zu öffnen, also neben die Reflexion über das Heilige, intensivere Möglichkeiten des sich-ihm-Aussetzens in Kirche und Gottesdienst zu stellen und anzubahnen.

Das scheint mir heute ein wichtiger Schritt für die Zukunft der Kirche und ich denke der Osten kann uns hierbei wirklich helfen, manches wieder neu zu entdecken.

Es blieben darüber hinaus jedoch noch weitere Leerstellen:

Was mich so in Japan faszinierte, war der in praktisch allen traditionellen wie neuen Formen religiösen Lebens  zu beobachtende, ganz enge Zusammenhang von Leiblichkeit, auch körperlicher und geistiger Heilung - und Religion. In einer Neureligion (Tenri-kyo) war z.B. im Haupttempel ein riesiger Saal mit Krücken zu sehen, gespendet von Menschen, die damit bekunden wollten, dass Sie ihre Heilung auf die Praktizierung ihrer Religion zurückführen. Heilungsgottesdienste atmen bei uns ja eher den Geruch von Evangelikalismus oder Pfingstlerischem, aber ich meine, wir kommen auch als etablierte Kirchen auf Dauer nicht um diese Thematik herum.

Das gilt auch für ein weiteres Phänomen, das erst einmal vielleicht bizarr klingt. In Aomori, hoch im Norden Japans haben wir seinerzeit Schamaninnen kennengelernt, blinde, alte Frauen zumeist, die mit den Ahnen der jeweils Ratsuchenden Kontakt aufnahmen und noch einmal etwas korrigieren halfen, was zu Lebzeiten schief gelaufen war. Mir fiel da eine Ähnlichkeit zu unserer westl. Familienaufstellung auf, wie Sie etwa Bernd Hellinger praktiziert. Auch sonst ist der Umgang mit den Ahnen für die Japaner ein wichtiges religiöses Moment. Was haben wir an der Stelle anzubieten?

Erlauben sie mir noch einen letzten kleinen Schlenker, und zwar auf die sturmumtoste Insel Sado-ga-shima zwischen Russland und Japan. Dort hatte ich in den Wintermonaten für mich die intensivste Begegnung mit dem japanischen Christentum, im Rahmen eines mehrwöchigen Praktikums.

Die dortige Gemeinde ist klein, sie besteht aus ganzen 12 Mitgliedern, leistet sich aber gleichwohl den Luxus eines eigenen Pfarrers, wie es überhaupt erstaunlich ist, - und nebenbei gesagt, auch etwas beruhigend für mich als Gemeindepfarrer inmitten von Strukturdebatten - zu welchen auch finanziellen Leistungen die japanischen Gemeinden mit ihren selten mehr als 60,70 Mitgliedern in der Lage sind.

Das Leitbild der kleinen Gemeinde bestand darin, frei von jeglichem Bekenntniszwang, einen Platz für Christen wie Nicht-Christen zu schaffen, zu dem sie sich gehörig fühlen können (to create a sense/a place of belonging) und sich kulturell v.a. im Rahmen der Förderung des interreligiösen Dialoges auf lokaler Ebene zu engagieren.

In der Tat war das Gemeindehaus, obwohl äußerlich kaum mehr als ein besserer Wohncontainer, häufig Anlaufpunkt für Menschen, die eher am Rande der japanischen Gesellschaft stehen, etwa Mütter von behinderten Kindern, die in der patriarchalen Gesellschaft Japans oft für die Behinderung ihres Kindes verantwortlich gemacht und darum ausgegrenzt werden.

Mir hat das geholfen, den Blick in der pfarramtlichen Praxis zu weiten, denn manchmal habe ich schon das Gefühl, das man als Pfarrer in der Gefahr steht, die immer gleichen 5 % der Mitglieder zu betreuen, die auf die es in der täglichen Arbeit ankommt, die immer da sind, die helfen, mit denen ich auskommen muss, von deren Goodwill ich ja auch ein bisschen abhängig bin.

Pfr. Mimoura aus Sado ist mir da eigentlich eine ständige Mahnung, diese Blickverengung nicht überhand nehmen zu lassen, sich immer wieder auch zu befreien aus dem etwas pointiert gesagt -  Klammergriff der Kerngemeinde.

Ich konnte auf Sado-ga-shima vieles tun: Kinder an japanischen Privatschulen unterrichten, an Hausbesuchen und Pfarrkonferenzen auf dem Festland teilnehmen, Dialoge mit angehenden buddhistischen Priestern in der Ausbildung führen, eine wertvolle Zeit der Kontemplation in den Bergen verleben, sowie das tägliche Gemeindeleben beobachten und mitgestalten.

Die Gottesdienste, die ich mitfeiern und z.T. selbst mitgestalten durfte, waren stimmungsvoll und atmeten durch die ganz besondere Diasporasituation für mich beinahe etwas vom urchristlichen Geist.

Die Wochen auf Sado-ga-shima waren für mich sicher mit die wertvollste Zeit in Japan, etwas das ich im Herzen trage. Bilder, von dort und natürlich auch von anderen Begegnungen in Japan werden mich zeitlebens begleiten, da bin ich sicher.

Im letzten sind die Früchte meines Studiensemesters, so hoffe ich und glaube ich, dreifach zu beschreiben:

  • eine gewisse Offenheit für Andersdenkende und glaubende,
  • eine größere Gelassenheit und Sicherheit im Dialog mit und über andere Formen von Religiosität
  • und ein bleibendes Anliegen, zu religiöser Erfahrung anzuleiten und nicht nur über Sie zu reden.

Michael Fröhlich, Schönstadt b. Marburg/Lahn, im Februar 2010.