1968: Erste Begegnungstagung
Eine Konsultation von Missionaren in Japan und Pfarrern des Kyodan
30. März - 5. April 1968 im Monbachtal
1968
Dokumentation: Gemeinsam Forschen. Planen. Handeln.
Hg. Prof. Dr. Ferdinand Hahn, Mainz, im Auftrag der DOAM.
Heidelberg 1970.
Inhalt
Faksimile: Brief des Moderator Masahisa Suzuki
Vorwort
Einführung
Die Vorträge
Ferdinand Hahn, Meditation über Röm. 6, 3-11 >mehr
Hans-Werner Gensichen, Strukturen der deutschen Missionsgesellschaften >mehr
Hiroshi Murakami, Hauptprobleme des Kyodan heute >mehr
Anhang: Dokumente >mehr
- 1954 - Glaubensbekenntnis der Vereinigten Kirche Christi in Japan
- 1961 - Grundsatzerklärung zur Mission
- 1962 - Zehnjahresplan für die Missionsarbeit
- 1967 - Schuldbekenntnis
Goro Tokunaga, Zusammenarbeit mit Missionaren. Ein kritischer Erfahrungsbericht >mehr
Hiromichi Morita, Neugestaltung der japanischen Kirche >mehr
Die Diskussion >mehr
I. Der Gesprächsgang
II. Eine Bestandsaufnahme aus japanischer Sicht
Anhang: Brief an die DOAM Ober den Krieg in Vietnam
III. Zum Problem des "Sendungsbewußtseins"
Arbeitspapier der Klausurtagung >mehr
Inhaltsverzeichnis 67
Brief von Moderator SUZUKI Masahisa, 1968
D E R B R I E F
February 13, 1968
Dear Friends of the Joint Consultation:
We are continually grateful that we are able to have friendly relations with our friends around the world. Recently, I am in receipt of a letter from the Reverend Hiroshi Murakami informing us of the plans for a joint-consultation between German missionaries and Japanese pastors to be held sometime near the end of March. I would like to express appreciation for this kind of planning.
I would like, however, to convey some concerns that we have relating to the sending and receiving of missionaries.
First, generally speaking, we feel that the period of time which has seen the sending of missionaries without a concrete purpose or a definite plan of action has ended. We feel that now is the time for the exchange, to and from both countries, of well-trained personnel or specialists in the fields of education. social work, end other church-related areas of interests. This is one of the basic principles of the United Church of Christ in Japan concerning the sending and receiving of missionary personnel.
Secondly, the missionary coming to serve in Japan should master the language, he should study the social and political situation of Japan, he should study to know the uniqueness of the forming of the Church and methods of evangelism in Japan. Up to this time, there have been some missionaries who, wishing to work in their own pattern have ignored the structure and policy of the indigenous church, we must point out that this type person cannot now work effectively in Japan.
Thirdly, it is necessary to discuss these matters from a wider point of view. We have already established proper channels for discussion of all matters concerning German and Japanese Churches, that is, the Japan Commission in Germany and the German Commission in Japan. It 1s a necessary condition that our contacts with each other should be through this official channel.
In conclusion, we want to lift up three principles of joint action for Mission which the Kyodan has approved for cooperation at home and abroad, they are, Research Together, Plan Together, and Execute Together.
May God continue to bless and guide this consultation in order to better serve His Word in this problem filled .world.
Sincerely Yours,
Masahisa Suzuki
Moderator
United Church of Christ in Japan
Vorwort
Die Tagung im Monbachtal, die in der Zeit vom 30. März bis 5. April 1968 stattfand, war ein Versuch, Japaner und Deutsche zusammenzuführen, um Fragen des kirchlichen und missionarischen Dienstes miteinander besprechen zu können. Die Anregung dazu ging vom derzeitigen Geschäftsführer der Deutsche Ostasienmission, Herrn Pfarrdiakon Paul Schneiss, aus, der selbst bereits mehrere Jahre in Japan tätig war und sich für einen weiteren Dienst in jenem Lande vorbereitet. Es sollte eine Aufgabe wahrgenommen werden, die nicht auf eine Missionsgesellschaft beschränkt ist, sondern darüber weit hinausgreift. Alle, die an der Tagung teilgenommen haben, bestätigen, daß der Versuch gelungen war, denn jeder einzelne war überrascht von der dort in kürzester Zeit zustande gekommenen Gemeinschaft des Fragens und Hörens, des Austauschs, der Kritik und des verantwortlichen Überlegens. So entstand dann auch der Wunsch, daß die Nachschriften der Vorträge und die formulierten Ergebnisse der Besprechungen vervielfältigt und allen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden sollten. Diese "Monbachtal-Papiere" haben in ihrer äußerlich sehr unvollkommenen Gestalt ein so freundliches Echo, insbesondere in Japan gefunden, daß im Spätjahr 1968 der EntschluB gefaBt wurde, sie zu veröffentlichen. Herr Pfarrer Walter Böttcher, Berlin, hat sich freundlicherweise zur Mitarbeit bereit erklärt und zu einem erheblichen Teil die Last der Arbeit getragen. In einem selbständigen Beitrag hat er einige aus der Tagung resultierende Aspekte auch noch in weiterführenden Oberlegungen behandelt Zugleich haben Herr Pfarrer Hiromichi Morita, z. Z. Bonn, Herr Pfarrer Heinz Fath, Ludwigshafen, und Herr Schneiss, Mannheim, an der endgültigen Fassung mitgearbeitet. Allen sei dafür sehr herzlich gedankt. Oie einzelnen Manuskripte wurden teilweise etwas gekürzt und leicht überarbeitet, es sollte jedoch der ursprüngliche Charakter keinesfalls verwischt werden. So kann dieses Heft einen Eindruck von der Tagung, ihren Referaten und Diskussionen, vermitteln; es soll nicht ein Sammelband mit wohlabgewogenen literarischen Beiträgen sein.
Prof. Dr. Ferdinand Hahn
1. Vorsitzender der Deutschen Ostasienmission
Mainz, 20. Januar 1970
Einführung
Es ist ein Gillcksfall, wenn eine Tagung ein "Gesicht" bekommt. Die einzelnen Referenten können dazu meist nur wenig beitragen. Entscheidender ist die Idee, aus der heraus eine Tagung erdacht und geplant wird. Am wichtigsten sind die Teilnehmer selbst. Wenn sie "Gesicht zeigen", bekommt auch ihre gemeinsame Arbeit ein "Gesicht". Alle glücklichen Umstände aber können sich vereinigen, wenn noch eines hinzukommt: eine unerwartete Herausforderung von außen, die zu Entscheidungen zwingt. Da hebt sich das Notwendige vom Beliebigen deutlich ab. Es entsteht eine - wie es jetzt im ökumenischen Sprachgebrauch heißt - verpflichtete Gemeinschaft.
Bei dem eine Woche währenden Gespräch zwischen japanischen und deutschen Theologen auf einer ersten Klausurtagung im Monbachtal bei Bad Liebenzell sollte durch das Zusammenleben nicht nur der Theologen, sondern auch ihrer Familie herauskommen, was selten in Worten, manchmal in Gesten, meistens vielleicht gar nicht seinen Ausdruck findet: die unterschiedliche Bestimmtheit unseres Tuns und Redens, die alle Verständigungen immer so mißverständlich werden läßt, aber auch die Möglichkeit ihrer überwindung.
Überall in der Mission sind ja inzwischen die Schwierigkeiten deutlich an den Tag getreten, die mit dieser unterschiedlichen Bestimmtheit unseres ganzen Wesens, unserer in Sprache und Schrift aufgebauten und gestalteten Welt, unserer Geschichte verbunden sind. Die hervorragende Bedeutung Japans in der Entwicklung eines nicht-abendländischen Selbstbewußtseins mußte diese Schwierigkeiten verschärfen. Die Deutsche Ostasien-Mission, von ihrer Geschichte her durchaus bereit, sich auf die kulturellen und gesellschaftlichen Gegebenheiten des Landes, in dem sie Mission trieb, einzulassen, mußte die Zuspitzung der Fragen mit besonderer Empfindlichkeit registrieren. Und ihr Gesprächspartner in Japan, vornehmlich die Vereinigte Kirche Christi (Kyodan), machte es ihr nicht leichter: eine Kirche, die aus dem Schattendasein einer "Missionskirche" weit herausgetreten ist, merkwllrdigerweise wohl mehr selbstkritisch als selbstbewußt, die aber gerade darum in jedes Gespräch von Kirche zu Kirche und von Kirche zu Mission kritische Elemente einbringt.
Von seiten des Kyodan kam denn auch jene "Herausforderung", durch die die Teilnehmer unerwartet in eine ungewohnte Pflicht genommen wurden. der inzwischen leider verstorbene Moderator des Kyodan, Pfarrer Masahisa Suzuki, hatte in einem Brief an die Teilnehmer schlicht erklärt, daß derZeitpunkt für einen grundlegenden Wandel in der Beziehung zwischen Kyodan und Deutscher Ostasien-Mission gekommen sei. Die Forderung für den missionarischen Dienst laute jetzt:
Gemeinsam forschen -gemeinsam planen -gemeinsam handeln!
Der Brief ist hier wegen der Bedeutung, die er für die Tagung gewonnen hat, im Faksimile wiedergegeben. Stand die Tagung zunächst gleichsam unter dem Protektorat der Deutschen Ostasien-Mission, so war sie mit diesem Brief zur völlig freien und kritischen Arbeit herausgefordert. Die Teilnehmer der Tagung, gerade auch die Mitarbeiter und Vertreter der Mission, haben diese Herausforderung vorbehaltlos akzeptiert. Bald wurde klar, daß die entstandene Arbeitsgemeinschaft eine Verantwortung hatte, die an keine obere Instanz abgegeben werden konnte. Die Diskussion über die Referate wandelte sich mehr und mehr in eine Diskussion der gestellten Aufgabe an Hand der Referate. Am Ende zeigte sich die Notwendigkeit, ein "Arbeitspapier" zu verfassen, in dem der Versuch gemacht wurde, die derzeit mögliche und sachentsprechende Antwort auf den Brief von Moderator Suzuki zu geben.
Eines ist, daß der Glücksfall eintritt und eine Tagung ein "Gesicht" bekommt. Ein anderes ist, dieses Gesicht zu porträtieren. Wir würden es gern mit unserem Bändchen tun. Das ist in diesem Fall aber besonders schwierig, weil weder die sorgfältig vorbereiteten Manuskripte der Referate noch die vom Tonband aufgezeichneten Diskussionsbeiträge die nicht-verbale Komponente, die doch für das ganze Zusammensein so wichtig war, wiedergeben können. So müssen wir die Phantasie des Lesers ein wenig in Anspruch nehmen. Es wird ihm vielleicht aus den hier wiedergegebenen Aspekten so etwas wie ein "Gesicht" der Tagung erscheinen. Wenn es ein nachdenkliches Gesicht ist, ist es wahrscheinlich richtig.