2014: Consultation - Ein Bericht
The Ecumenical Forum on Peace, Reunification and Development Cooperation on the Korean Peninsula
World Council of Churches / Ökumenischer Rat der Kirchen
Die Erklärung über Frieden und Wiedervereinigung auf der kor. Halbinsel
Hier das Communiqué als pdf-Datei
Schulamit Kriener
Konsultation über Frieden und Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel
16.06 – 19.06.2014
Vom 16.06 bis 19.06.2014 gab es eine Konsultation über Frieden und Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel in Bossey, dem Tagungsort des Ökumenischen Rates der Kirchen in der Nähe von Genf.
Die Vorbereitungen müssen sehr stressig verlaufen sein, da einige Einladungen zu dieser Veranstaltungen wirklich kurzfristig zwischen einem Monat und einer Woche vor Beginn der Konsultation versendet wurden. Ich hatte zwar schon über die Pressemitteilungen des ÖRKs von dieser Konsultation erfahren, buchte aber mein Ticket nach Genf auch erst eine Woche vorher als ich meine Einladung erhielt.
Kim Dong Sung, koreanischer Mitarbeiter des ÖRK, gemeinsam mit Peter Prove, dem neuen Leiter der Kommission für internationale Angelegenheiten (Commission of Churches for International Affairs, CCIA) waren gemeinsam mit ihren Assistentinnen (Nan Braunschweiger) an der Entwicklung und Vorbereitung der 3 Tage in Bossey beteiligt.
Für mich war es besonders spannend, dass in Bossey (anders als noch bei der Vollversammlung in Busan) nun auch Kirchenvertreter aus Nordkorea angereist waren. Es war sehr interessant ihren Beiträgen zu zuhören und zu sehen wie der neue Generalsekretär der Korean Christian Federation (in Nordkorea), Kang Myeong Cheol, in seiner Begrüßungsansprache sich sehr höflich vorstellte und direkt zu Anfang klar stellte, dass er sich sehr freut nun in seiner neuen Position die Gelegenheit zu haben seine christlichen Brüder und Schwestern zu treffen (“It is the first time for myself to meet the ecumenical colleagues. But I feel such great joy as meeting my own brothers and sisters in my family as all of us are brothers and sisters in Christ”). Auch spannend war, dass er als Christ aus einem sozialistisch geprägten und diktatorisch regierten Land so eindeutig und klar seine Hoffnung auf den christlichen Gott äußerte ohne den heutigen nordkoreanischen Vorsitzenden der kommunistischen Partei, Kim Jong Un (dessen Großvater und Vater in Nordkorea gottgleich erinnert werden), auch nur mit einem Wort zu erwähnen (“First of all, I would like to extend my deep gratitude to the great grace of our Father God who, taking into deep consideration of the ardent desire of Christians for Korea reunification, has scrupulously led the ecumenical solidarity movement for Korea reunification with his holy precious and abundant spirit and arranged this consultation for our ecumenical colleagues to be able to sit together and discuss the ways for contributing to Korea reunification, deepening mutual understanding and fellowship... Since Immanuel God will always be with us and lead us to the road of justice and peace, the ecumenical sacred cause for peace and reunification on the Korean peninsula will surely be achieved under the special divine protection and grace of our Lord. Thank you.”
Noch interessanter war auch der Beitrag eines anderen Mitglieds der nordkoreanischen Delegation, Ri Jong Ro, der wohl schon bei früheren Treffen des Tozanso Prozesses (Treffen koreanischer Christen für den Frieden Koreas unter Anleitung des ÖRK seid der 1980er Jahre) beteiligt war und sehr freundschaftlich mit vielen südkoreanischen Vertretern und auch anderen Teilnehmern des Tozanso Prozesses, wie Erich Weingartner, umging.
Ri betonte die wirtschaftlichen Sanktionen gegenüber Nordkoreas in seiner Rede. Er versuchte klar zu machen, dass es Ihnen wirklich nicht mehr um die Verbreitung ihrer Ideologie ginge. Oft wäre das nordkoreanischen Delegationen vorgeworfen worden. Ganz klar und offen sagte “We do have economic problems.”. Es schien, als wollte er einfach klar machen, ohne ideologische Reden, dass die Sanktionen ein Hindernis sind, um eine wirtschaftliche Basis in Nordkorea aufzubauen und das diese nötig sei um das “finger pointing”, das gegenseitige Vorwürfe machen, zu beenden (“We can stop finger pointing if we have economics running”). Auch sagte er, dass um die Wiedervereinigung zu erreichen es wichtig sei, dass der Tozanso Prozess, der von Christen begonnen wurde nun auf Länder und Menschen übertragen werde. Ri Jong Ro stand vorne am Rednerpult und für ihn war die Wiedervereinigung der Christen Koreas (und der Anwesenden im Raum, die auch am Tozanso-Prozess schon teilgenommen hatten) schon erreicht. Er sagte “we prepared the path”.
Auch betonte er erneut WIE WICHTIG das “Statement on Peace and Reunification of the Korean Peninsula”, das der ÖRK auf seiner 10. Vollversammlung verabschiedete, sei und bedankte sich für dieses Statement des ÖRKs. Er war so glücklich über die Formulierungen und die Empfehlungen des Statements und sagte, dass solch eine gemeinsame Erklärung durch die langen Vorbereitungen des Tozanso-Prozesses gelungen sei, wofür er dankbar sei. Tozanso war ein sehr kleiner Ort in Japan, der für ihn historisch aber eine sehr große Bedeutung habe. Dank des Tozanso Prozesses und den Mitstreitern, die sich dafür aufopferten, könnten wir es heute als “selbstverständlich” erachten, dass wir überhaupt einen Prozess haben, um über die politische Wiedervereinigung Koreas zu sprechen.
Zum Schluss bat er noch um die Hilfe der ökumenischen Gemeinschaft vor allem dabei der jungen Generation eine neue Vision für Frieden in Korea zu geben. Er sprach die Hoffnung aus, dass kein 60.-jähriges, 70-jähriges oder 80-jähriges Jubiläum des Tozanso Prozesses gefeiert werden würde, sondern dass Frieden erreicht wird! (“Ecumenical partners have to help us! One generation is coming to an end and the new generation is lacking vision. We blamed each other a lot, but we can achieve peace, so that we wont have to commemorate Tozanso again.”)
Die Notwendigkeit des Friedens wurde den Teilnehmern der Konsultation durch einen Besuch einer ehemaligen koreanischen Sexsklavin unter japanischer Kolonialherrschaft deutlich. Gemeinsam mit ihrer Begleiterin zeigte sie einen kurzen Zeichentrickfilm, der das Leben einer schon verstorbenen ehemaligen Sexsklavin zeigte. Die nun über 80-jährige Koreanerin war zu erschöpft von ihrer Reise von Korea nach Europa, um lange zu reden. Sie bat die Anwesenden zum Schluss ihres Besuches nur noch für Frieden in der Welt zu arbeiten. Frieden, so sagte sie, sei notwendig, damit es Opfer wie sie selbst nicht wieder geben würde. Sie sprach sich dafür aus, dass die kommenden Generationen in Korea auch in Frieden leben sollen.
Das der Friede auf der koreanischen Halbinsel noch viele Hürden vor sich hat, wurde am zweiten Tag der Konsultation klar, als die nordkoreanische Delegation bei einer Präsentation Victor Hsus (Tozanso Mitbegründer) über humanitäre Hilfe in Nordkorea den Saal verlies klar. Die Nordkoreaner beschlossen am Nachmittag weiter am Programm teilzunehmen, nachdem sich Peter Prove für die Organisation und die Präsentation der Probleme in Nordkoreas entschuldigte und Ri Jong Ro betonte, dass die nordkoreanische Delegation angereist war in dem Verständnis auf Brüder und Schwester zu treffen. Es sei schwierig für sie solch eine Präsentation anzuhören, die doch nur die Symptome eines größeren Problemes, der Teilung und der wirtschaftlichen Isolation Nordkoreas darstellten. Nahrungslieferungen, die unter der Sonnenscheinpolitik der südkoreansichen Präsidenten Kim Dae Jung und Noh Moh Hyun von bis 2008 regelmäßig geliefert wurden, waren in 2008 unter der konservativen Regierung Lee Myung Baks eingestellt worden. Nahrungsmittelhilfen in den Norden wurden in Nordkorea oft nur als Tropfen auf den heißen Stein verstanden, als minimaler Beitrag zu den viel größeren Problemen. Mit der Anfeindung aus dem Süden aber habe man entschieden lieber keine Hilfen mehr anzunehmen und über vorherige auch nicht mehr öffentlich zu sprechen, als sich dadurch die eigene Würde nehmen zu lassen. In der Vorbereitung der Tagung war den Organisatoren diese Problematik nicht ganz klar gewesen. Dieser Vorfall zeigte umso deutlicher, dass dieses Treffen in Bossey, das seid 2009 das erste von nord- und südkoreanischen Christen und ökumenischen Vertretern war, und ähnliche REGELMÄSSIGE Treffen so wichtig sind zum gegenseitigen Verständnis und Austausch.
Ermutigend war zu sehen, dass sich viele Teilnehmer in den Diskussionen öffneten und von eigenen Erfahrungen und Wünschen erzählten und das Vertreter von Organisationen wie einer nordamerikanischen Christenvereinigung und Brot für die Welt ihr klares Interesse und ihren Zuspruch zu der Zusammenarbeit und auch finanziellen Unterstützung ausdrückten. Auch einzelne Teilnehmer (Judith Koenigsdoerfer) sprachen dies ganz persönlich aus.
Ein anderer wertvoller Beitrag war der von Lutz Drescher, weil er die Außensicht auf den Konflikt in Ostasien und somit die Relevanz der Friedensarbeit an diesem Konflikt für die ganze Welt ausdrückte. Er wies nochmals auf die zunehmende Militarisierung in ganz Ostasien (Japan, China, Nordkorea, Südkorea...) hin und einen neuen Machtkampf zwischen den USA und China. In solch einer Situation braucht es keine politisierung von Menschenrechten, sondern einen heilenden Prozess der Versöhnung miteinander. Ein erneuter Öffnungsprozess von Seiten Nordkoreas sollte von der internationalen Gemeinschaft aktiv unterstützt werden. Auch rief er dazu auf Nordkoreas Menschen zu erinnern. Allzu oft kreieren Medien ein Bild von anderen Länder. So auch mit Nordkorea, wenn man Nordkorea hört haben viele gleich Bilder und Vorurteile im Kopf. Auch ermahnte er eine Wiedervereinigung nicht auf der Berufung auf das “eine koreanische Volk und seine 5000 Jahre alte Geschichte” anzustreben. Wiedervereinigung kann nur als etwas neues entstehen, wenn wir Unterschiede untereinander respektieren und Diversität akzeptieren.
Letzten Endes, so Lutz Drescher, war auch die deutsche Wiedervereinigung ein überraschendes Erlebnis. Von daher sei es gut, dass wir als Christen (die von Jesus aufgerufen sind “zu wachen und zu beten”) schon in Bossey zusammen gekommen waren, um wach und vorbereitet zu sein.
Schön war, dass das gemeinsame Communique der Konsultation dann auch für das nächste Jahr eine größere Konsultation zum 70. Jahrestag der koreanischen Teilung am 15. August 2015 bekannt gab zu der mehr junge Christen, Frauen und Christen aus anderen Ländern (vor allem auch geteilten Ländern, die bei dem Heilungsprozess solcher Traumata helfen können) eingeladen werden sollen!
Der Sonntag vor dem 15. August wurde nahegelegt als Sonntag des gemeinsamen Gebets mit nord- und südkoreanischen Christen zu nutzen. Dazu gibt es auch jedes Jahr ein neu von beiden (Nord und Süd) Seiten formuliertes Gebet.
Die Kampagne für einen Friedensvertrag und das Bemühen von Mitgliedskirchen ihre Regierungen dazu aufzufordern, die Sanktionen gehen Nordkorea aufzuheben, wurden genau so gefordert wie ein programmatisches Bearbeiten der Koreaproblematik und der Aufruf Besuche in beide Teile Koreas für junge Menschen und Frauen zu ermöglichen sowie Besuche junger Nordkoreaner und Südkoreaner außerhalb der koreanischen Halbinsel.
Hier ein Link zu dem Kommunique der Konsultation.
http://www.oikoumene.org/en/resources/documents/wcc-programmes/public-witness-addressing-power-affirming-peace/justice-peace-and-reconciliation-on-the-korean-peninsula
Leider konnte ich am Abschlussgottesdienst der Konsultation nicht mehr teilnehmen, weil ich mit dem Zug zurück nach Deutschland reiste, um am nächsten Tag beim Jugendsommercamp der evangelischen Kirche im Rheinland in Siegburg zusammen mit Ko-organisator Daniel Jung einen Workshop über den Peace Train anzubieten (https://www.facebook.com/PeaceTrain2013) und bei einem Interview mit dem Oipod Programm ein wenig mehr über die 10. Vollversammlung des ÖRK und die Lage in Korea zu berichten (http://oipod.wordpress.com/).
Nun freue ich mich auf das erste Zentraulausschuss-Treffen des ÖRKs in Genf vom 02.07 bis 09.07 in Genf und die MEET Jahrestagung vom 21.07 bis 23.07 in Hamburg!
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