13. August 2014

Unterhaltung beim Frühstück. Schwägerin Akiko bezieht seit langem die Asahi-Zeitung. Sie wird jeden Morgen ins Haus geliefert. Aber ein Vertreiber der Yomiuri-Zeitung meinte wohl, es sei an der Zeit, die Zeitung zu wechseln. Also schickte er seine Austräger oder Werber vorbei, um für einen Wechsel zu animieren. Die Schwägerin jedoch wollte bei ihrer Zeitung bleiben. Nun folgt ein halbjähriges Hin-und-Her: per Telefon oder per persönlichem Besuch soll Akiko-san "weich gekocht" werden. Obwohl einen Wechel ablehnt, den Werber hinauswirft, ihm den Zutritt zum Grundstück verbietet - er kommt immer wieder zurück. Seine Sprache verrät, dass er aus Kansai kommt, also wahrscheinlich aus Osaka oder Kyoto. Er kann freilich ncht gut zurück zu seinem Arbeitgeber ohne einen Erfolg. Aber Akiko-san gibt nicht nach. Endlich, nach einem halbjährigen "Kampf" muss er verzichten.
Das sind seltsame Werbemethoden, nicht grade selten im eben wirtschaftlich erstarkenden Japan.
Nur bedrückt mich, dass es ähnliche Methoden in christlichen Kreisen gibt. Wir hören z.B. davon, dass ein Pfarrer sein getauftes Gemeindeglied zurechtweist, weil es nicht zum Abendmahl gegangen ist. Oder andere Beispiele, nach denen sebst den Nicht-getauften das Abendmahl aufgezwungen wird. Weil das für Christen Pflicht ist. Oder: weil das zum christlichen Gottesdienst gehört. Es ist schade, wenn auch in der Kirche die Freiheit nichts mehr gilt. - Hoffnung: es gibt viele christliche Gemeinden, denen Freiheit wichtiger ist als das Gesetz oder die traditionelle Regel. Hier kann man eine Heimat finden.  



Am 15. August jeden Jahres ist der Höhepunkt des Obon-Festes. Die Ahnen kehren zurück in ihr Haus. Dafür werden am 13.8. einige Vorbereitungen getroffen.
Bei uns werden am Nachmittag die sog.Laternen (chochin) hervorgeholt und zusammengebaut, der Ahnenschrein wird gereinigt und neu geschmückt. Dabei hilft die ganze Familie mit. Wir fahren dann alle zusammen zum Friedhof, um auch hier am Grab alles festlich herzurichten und am Ende schließlich Räucherstäbchen zu entzünden und zu beten. Als gegen 19 Uhr die Dunkelheit der Nacht hereinbricht, zieht die Familie vor das Haus und entzündet ein ganz kleines Feuer (heute ohne Kiefernzweig, den wir vergessen haben zu besorgen) mit Papier und ein wenig dünnem Holz, um den heimkehrenden Ahnen den Weg zu zeigen.
Am 14. und 15. August leben wir dann mit den Ahnen unter einem Dach.
Leider werde ich am 14.8. nach Tokyo fahren, um am 15.8. um 7 Uhr an dem Gottesdienst für die Kriegsgefallenen, dem Friedensgottesdienst aller Christen in Japan, in Chidorigafuji  teilzunehmen. Die Festlichkeiten im Yasukuni-Schrein und die staatliche Feier hier in Chidorigafuji beginnen erst später.
Zu Chidorigafuji sagt Wikipedia:
Chidorigafuchi National Cemetery (千鳥ケ淵戦没者墓苑 Chidorigafuchi Senbotsusha Boen) is the national Japanese cemetery for 352,297 unidentified war dead in the Second World War (as of May 2007), near the Imperial Palace and Yasukuni Shrine in Tokyo, Japan.