"Trostfrauen", Wiedergutmachung und Menschenrechte
2005: Aus dem Tagesspiegel
Ihr Alltag glich ständiger Folter. Chung-Noh Gross, Vorstandsmitglied des Korean Council Berlin, beschreibt, wie die Frauen in kleinen Kerkerräumen auf ihre Pritschen gezwungen waren und „selbst im Liegen essen mussten, während die Soldaten Schlange standen und weitermachten“. Als Folgen der täglichen Massen-vergewaltigung waren Selbstmorde und Fehlgeburten an der Tagesordnung. Unwillige Frauen wurden an den Füßen aufgehängt und geköpft. Die Geschlechtsteile der Frauen waren zum Teil so angeschwollen, „dass man nicht einmal eine Nadel hätte einführen können“, heißt es in einem Arztbericht.
Dass sich die Opfer selbst bis heute als „Trostfrauen“ bezeichnen, ist Ausdruck von Scham und tiefer Pein. „Eigentlich müsste man von Sexsklavinnen und Vergewaltigungszentren sprechen“, sagt Chungh-Noh Gross. Doch das sei einfach nicht zu ertragen. Es habe Überwindung genug gekostet, sich zu den erlittenen Grausam-keiten öffentlich zu bekennen.
Der Enthüllungsprozess begann deshalb auch erst Anfang der neunziger Jahre mit der Gründung des ersten Korean Council in Südkoreas Hauptstadt Seoul. Daraufhin wurde mit Unterstützung der Regierung in Tokio 1995 der Asian Women’s Fund gegründet. 285 Opfer erhielten aus öffentlichen Spenden jeweils knapp 15 000 Euro Entschädigung, medizinische Hilfe und eine inoffizielle, vom japanischen Premierminister unterschriebene Entschuldigung.
Viele frühere Sexsklavinnen fordern aber noch immer eine direkte Entschädigung von der japanischen Regierung. Diese argumentiert aber, dass das Problem mit den Friedensverträgen nach dem Krieg gelöst worden sei. „Die japanische Regierung hat entschädigt und sich mehrfach ent-schuldigt“, sagte Kazuya Otsuka, japanischer Botschaftssekretär in Deutschland, dem Tagesspiegel. Doch Chung-Noh Gross genügt das nicht. „Wir kämpfen weiter, bis wir sterben“, sagt die Aktivistin. „Und wenn wir tot sind, werden andere in unserem Namen weiterkämpfen“, fügt sie entschlossen hinzu.