Meditation: 1. Johannes 3,8b

26.02.2012   1. Sonntag in der Passionszeit (Invokavit)
Lateinisch: invocabit me „Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören." Psalm 91, 15

Der Wochenspruch für den 1. Sonntag in der Passionszeit (Invokavit) lautet:

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.  1. Johannes 3, 8b

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Brüder und Schwestern,

am kommenden Sonntag Invokavit ist der erste Sonntag der Passionszeit (Fastenzeit vor Ostern). In unserer Schnelllebigkeit tut es uns gut, sich der Passionssonntage zu erinnern. Unsere Vorfahren kannten noch interessante Merksätze für die Abfolge:
In
r-echter
O-rdnung
L-erne
J-esu
P-assion,

oder

In
R-ichters
O-fen
l-iegen
ju-nge
Palm-en.
(Den zweiten Satz lernte ich als Student in den USA vor etwa 30 Jahren von einem damals älteren deutschstämmigen Texaner, dessen Großeltern aus Stralsund nach Texas ausgewandert waren).

Die ersten Buchstaben dieser Merksätze sind auch die ersten Buchstaben der lateinischen Namen der Sonntage, und diese Namen wiederum haben (bis auf Laetare und Palmarum) ihren Ursprung in den Gebetsliedern des AltenTestaments, den Psalmen:
Invocavit (Psalm 91, 15: „Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören...")
Reminiscere (Psalm 25, 6: „Denk an dein Erbarmen, Herr!")
Oculi (Psalm 25, 15: „Meine Augen schauen stets auf den Herrn.")
Laetare (Jesaja 66,10: „Freue dich, Jerusalem...")
Judica (Psalm 43,1: „Verschaff mir Recht, o Gott!")
Palmarum (Palmsonntag) (Johannes 12, 12-15: Jesus zieht nach Jerusalem ein, die Menschen begrüßen ihn wie einen König und legen Palmzweige auf seinem Weg aus).

In der Katholischen Kirche heißt die Passionszeit Fastenzeit.
Gemeint ist das gleiche: Dass wir in den kommenden Wochen verzichten auf Dinge, die uns davon abhalten, uns ganz auf Jesus und auf seinen Weg zu konzentrieren.

Es ist ein Weg der Höhen und der Tiefen: Jubel und Begeisterung der Massen und vieler Einzelner zu Beginn; Verrat und Verleugnung, auch durch seine treusten Freunde, die Jünger, gefolgt von Folter und Tod am Ende.
Es ist der Weg des wahren Menschen, der sich immer wieder dazu entschließt, die Menschen zu lieben.
Es ist der Weg des wahren Gottes, der sich persönlich (in der Person seines Sohnes) darum kümmert, dass wir den Weg zu ihm, zur Quelle der Liebe, zur Quelle des Lebens, finden.
Wenn der Sohn Gottes dazu erschienen ist, „dass er die Werke des Teufels zerstöre" (unser Wochenspruch), dann ist er dazu erschienen, dass wir wieder Zugang finden zu dieser einen großen Quelle, aus der wir leben.

Quellen – das weiß ich von meinen Wanderungen über die Weiden und durch die Wälder meiner Westerwälder Heimat – sind manchmal verstopft, zugewachsen oder verschüttet. Zuerst einmal muss man genau hinschauen, um sie zu erkennen, die Quelle. Wenn man dann beherzt zupackt – manchmal braucht man Handwerkszeug dazu -, wild gewucherte Grasbüschel, heruntergefallene Äste und aufgestautes Erdreich beseitigt, kann man eine Quelle wieder zum Fließen bringen.

Mit unserer Seele ist das genauso: Zuerst ganz aufmerksam hinschauen, und dann alles tun, um sie wieder zum Fließen zu bringen. Wer das schon einmal gemacht hat, der weiß: Da werden auch Tränen fließen. Tränen der Trauer werden es sein, aber auch Tränen der Freude. In beiden liegt eine Ahnung verborgen,  - eine Ahnung jenes Großen Ziels, zu dem uns der Weg durch die Passionszeit führt.
Mit herzlichen Segensgrüßen, Ihr Karl-Heinz Schell

 

Zum Nachdenken
(Hildegard Nies, aus: TeDeum, Maria Laach)

„Wer will, dass die Welt so bleibt,
wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt." (Erich Fried)

Gott will nicht,
dass die Welt so bleibt, wie sie ist,
denn was der Mensch aus der Welt gemacht hat,
ist nicht Gottes Welt.

Gott will,
dass der Mensch Mensch wird,
damit die Welt nicht so bleibt, wie sie ist.

Der Mensch,
der umkehrt, will,
dass die Welt wird, wie Gott sie gedacht hat.

Gott ruft:
Kehrt um zu mir von ganzem Herzen!


Segen

Gott der Vater
segne dich mit der Liebe zum Leben
und nehme dir die Angst vor dem Tod.
Er segne dich mit dem Glück,
das er schenkt, und stärke dich im Unglück.
Er segne dich mit dem Weg zu ihm
und gehe mit dir auf deinen Irrwegen.
Amen.

Wochensprüche

HEUTE, 8. Februar 2015, findet der Abschiedsgottesdienst von K.-H. Schell in Peking statt.
WIR DANKEN IHM FÜR DIE GEISTLICHE NAHRUNG, DIE ER JAHRELANG VERMITTELT HAT.

Die Wochensprüche werden von Pfr. Dr. Karl Heinz Schell in Beijing für seine dortige deutsche Gemeinde geschrieben.

 

Ev. Gottesdienste finden in der Dt. Botschaft statt.

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