Meditation: Jesaja 60,2

Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache (EGDS) Peking (9.2.2014)

Der Wochenspruch für die Woche vom Letzten Sonntag nach Epiphanias lautet:

Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.  Jesaja 60, 2

Liebe Leserin, lieber Leser,
liebe Brüder und Schwestern,

im Blick auf das, was wir über das Leben unserer chinesischen Mitmenschen erfahren, habe ich zwei von vielen Zeitungsmeldungen aus den zurückliegenden Wochen für Sie bzw. für diese Ausgabe unserer Gemeinde-email zurückgelegt. Beide Meldungen sind aus der englischsprachigen Tageszeitung China Daily.

Meldung 1:
Einer der Redakteure von China Daily, Dr. Bai Ping, wünscht sich für das gerade begonnene neue Jahr des Pferdes für sein Heimatland China Folgendes:
1. mehr Tage mit blauem Himmel in Peking,
2. größere Anstrengungen im Bereich der Nahrungsmittelsicherheit,
3. bessere Arbeitsbedingungen für Journalisten,
4. glücklichere Familien in Folge der Antikorruptionsmaßnahmen der Regierung,
5. stabile Wohnungspreise.

Meldung 2:
Frau sticht nach einem Streit in der Familie auf Schweine ein. Unter dieser ungewöhnlichen Überschrift erfährt der Leser: Provinz Fujian. Eine Schwiegertochter-in-spe mit Nachnamen Zheng stach auf mehr als 70 lebende Schweine ein, nachdem ihre Schwiegermutter-in-spe mit Nachnamen Zhang sich geweigert hatte zu versprechen, ihrem Sohn und besagter zukünftiger Schwiegertochter nach deren Hochzeit eine Eigentumswohnung zu kaufen. Frau Zhang, Besitzerin eines Schweinemastbetriebes, musste bei ihrer Rückkehr nach Hause feststellen, dass 71 ihrer 74 Schweine am Mittwochabend entweder getötet oder schwer verletzt worden waren.

Der eine, Herr Bai, wünscht sich einen blauen Himmel über Peking und macht konstruktive Vorschläge, wie das passieren kann, nämlich durch strikte Luftreinhaltungsmaßnahmen der Regierung und durch Gebet. I pray for a miracle, without which we’ll continue to count on strong winds to blow away smog, schreibt er. Aber Herr Bai betet nicht nur, sondern er äußert zu jedem seiner Wünsche konkrete Ausführungsideen, die den Einzelnen und die Regierung in die Pflicht nehmen.

Der bzw. die andere, Frau Zheng, wünscht sich von ihrer zukünftigen Schwiegermutter eine Eigentumswohnung. Als ihr dies verweigert wird, greift sie nicht zum Gebet, sondern zum Messer und greift die wirtschaftliche Lebensgrundlage der Schwiegermutter an. Nach dem Motto: Wenn du willst, dass ich nicht bekomme, was ich will, sollst auch du nichts haben. (Oder dachte Frau Zheng vielleicht: 'Wenn ich die Schweine flugs schlachte, muss meine Schwiegermutter schnell alles Fleisch verkaufen, und dann ist ja schon mal die Anzahlung für die Eigentumswohnung da.' ?- China Daily beschäftigt sich übrigens nicht mit dieser Frage, und auch nicht mit der Frage, was wohl aus der geplanten Hochzeit geworden ist. Und: Wer weiß, was da sonst noch alles im Hintergrund gelaufen ist. Jedenfalls: Die Familien Zheng und Zhang gehen wohl durch dunkle Zeiten, und man würde sich für alle Beteiligten Erleuchtung wünschen.

Ein kleiner Sprung mit der Zeitmaschine: Vor 2500 Jahren spricht der Prophet Jesaja Lichtworte in eine dunkle Zeit des Volkes Israel hinein: Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Im deutschen Sprachraum hat man diesen Satz als Wochenspruch für den Letzten Sonntag nach Epiphanias (Fest der Erscheinung, Offenbarwerden des Herrn) gewählt. Ein letztes Mal nach Weihnachten leuchtet im Kirchenjahreskalender die Geburt Jesu Christi auf, wie die Sonne, die an einem dieser selten gewordenen smogfreien blauen Tage über Peking aufgeht. „Herrlich!“, sagen wir dann. In gleicher Weise soll der „Herr der Herrlichkeit“ über unserem Alltag aufgehen und all das, was uns viel zu schnell in Besitz nimmt (Eigentumsfragen, enttäuschte Wünsche und andere manchmal wirklich verrückte Sachen), ins rechte Licht rücken – oder überhaupt ins Licht rücken, denn: Bei Licht betrachtet, bzw.: im Licht des Herrn betrachtet, sieht manches ganz anders aus.

Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir: Das sind zwar alte Worte eines Propheten, aber gerade in unserer Zeit bieten sie uns eine Perspektive mit echter Lebensqualität.

Herzliche grüßt Sie unter einem blauen Pekinger Himmel
Ihr      Pfarrer Karl-Heinz Schell

Morgengebet

Aus dem Evangelischen Gesangbuch der Bayerischen Kirche

Guten Morgen, mein Gott.
Ich freue mich auf den Tag.
Ich lebe gern.
Das will ich dir sagen.
So geht es heute nicht allen.
Darum gib mir strahlende Augen, hilfreiche Hände,
aufmerksame Ohren, wärmende Worte,
behutsames Schweigen, einen Blick für das,
was zwischen den Zeilen steht,
und eine ansteckende Fröhlichkeit.
Schenke mir ein klares Gedächtnis für mein Wohlgefühl heute,
damit ich mich erinnere, wenn ich selbst mal elend bin.
Zwischen Licht und Dunkel wandern wir alle zu dir.
Guten Morgen, mein Gott.
Ich lebe gern.
Danke für diesen Tag.
Amen.


Segen

Gott sei mit dir auf deinem Weg:
Er schenke dir seinen Heiligen Geist.
Er gieße aus in Dein Herz die Gabe der Liebe,
die das Band des Friedens und der Vollkommenheit ist.
Amen.




Wochensprüche

HEUTE, 8. Februar 2015, findet der Abschiedsgottesdienst von K.-H. Schell in Peking statt.
WIR DANKEN IHM FÜR DIE GEISTLICHE NAHRUNG, DIE ER JAHRELANG VERMITTELT HAT.

Die Wochensprüche werden von Pfr. Dr. Karl Heinz Schell in Beijing für seine dortige deutsche Gemeinde geschrieben.

 

Ev. Gottesdienste finden in der Dt. Botschaft statt.

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