Meditation: Matthäus 20,28

Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache (EGDS) Peking, China
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6. April 2014
Wochenspruch für den 5. Sonntag in der Passionszeit (Sonntag Judica) Lat: Judica me, Deus – Verschaff mir Recht, o Gott (Psalm 43, 1)

Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele. Matthäus 20, 28


Liebe Leserinnen, liebe Leser,
liebe Brüder und Schwestern,

„dienen und dienen lassen“, - diese Worte des Gottes- und Menschensohnes Jesus klingen wie „leben und leben lassen“. Ich denke, an dieser Querverbindung ist etwas dran.

Einen anderen Menschen leben lassen, darunter verstehe ich: ihn wahrnehmen, seine Würde achten, ihn fördern und unterstützen. Vielleicht sind dies Umschreibungen für das Wort „dienen“. Dann würde das Dienen Jesu bedeuten, dass er uns wahrnimmt, dass er uns mit den Augen der Liebe Gottes sieht, unsere Würde achtet, und uns in den Aufgaben, die das Leben stellt, fördert und unterstützt – kritisch, ermutigend und konstruktiv. In dieser Weise würden wir ihn uns dienen lassen.

Noch mehr geschieht: Jesus fördert uns bis zu dem Punkt, an dem er sein Leben zu unserer Erlösung hingibt. Das heißt: Er beseitigt all das, was uns von unserer Lebensquelle, von unserem Urgrund Gott trennt. In der Taufe wird das besonders deutlich: Alles Trennende wird abgewaschen; die Leben schaffenden Energien zwischen Schöpfer und Geschöpf, zwischen Vater und Kind können ungehindert fließen. Dabei erinnere ich mich an einen Besuch bei Gemeindemitgliedern vor ein paar Tagen: Der Vater hält seine kleine Tochter in den Armen, und beide strahlen vor Glück.

Am Sonntag Judica steht auch die Frage zur Debatte, wie ein Mensch, wenn er in einer Situation des Unrechts und des Leides ist, Recht bekommt. Judica me, Deus – Verschaff mir Recht, o Gott! (Psalm 43, 1). „Gott, tu etwas, dass ich meine Würde behalte! Mach dem rechtlosen Handeln der Machthabenden, die ihre Macht missbrauchen und ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, ein Ende! Verschaff mir Recht!“ Und weil Menschen im Lauf der Geschichte und im alltäglichen Leben oft lange, sehr lange auf eine Antwort von Gott warten müssen, schließt sich gleich eine Frage an: „Gott, wo bist du?“ oder „Warum lässt Gott das geschehen?“

Beispiele aus der Geschichte und aus der Gegenwart:
• Der Jude Jesus am Kreuz - „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“;
• Millionen von Juden im Holocaust - „Wo ist Gott nach Auschwitz?“;
• eine unbekannte Zahl von Chinesen, viele davon Christen, für ihren Glauben inhaftiert, viele getötet während des religionsvernichtenden Regimes in der Kulturrevolution - „Wie lange noch?“
• eine unbekannte Anzahl von Christen, die in islamischen Ländern verfolgt und getötet werden.
Verschaff mir Recht, o Gott!

Die Welt ändert sich dadurch zum Guten, dass Gott uns in Jesus dient, dass er unablässig unser Leben und unsere Lebendigkeit hervorbringen will. Das sollen wir zulassen, daraus sollen wir unsere Lebenskraft ziehen.

Die Welt ändert sich nicht dadurch, dass ein Mensch in Überheblichkeit die Würde eines anderen Menschen mit Füßen tritt und ihn zum Dienen zwingt. Es gibt dies nicht nur im Kleinen. Es gibt weltweit in Politik, Gesellschaft, Kirche und Wirtschaft komplette ausgeklügelte Systeme der Würde- und Respektlosigkeit. Sie fördern Ausbeutung und Selbstausbeutung, Leid und Unrecht.

Am 5. Sonntag der Passionszeit steht die Forderung nach Recht, Freiheit und Erlösung im Mittelpunkt. Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.

Ich wünsche Ihnen Leben und Lebendigkeit,
mit einem ersten hoffnungsvollen Blick aus der Passionszeit auf das Fest der Auferstehung,
Ihr     Pfarrer Karl-Heinz Schell

Gebet

DU Gott des Rechts, – verschaff mir Recht
und zeig mir Wege, wie ich anderen zu ihrem Recht verhelfen kann.
DU Gott an meiner Seite – steh für mich ein
und gib mir Mut, für andere einzustehen.
DICH Gott der Liebe – will ich in meinem Leben loben und ehren,
so lass mich achtsam umgehen mit mir
und mit den Menschen auf meinem Weg.
Amen.


Segen

(nach: Schriftworte und liturgische Texte der Ev. Kirche in Hessen und Nassau)

Gott zeige sich in Deinem Leben:

im Kleinen, das wächst,
im Kranken, das heil wird,
im Glauben, der stark macht,

im Großen, das abnimmt,
im Kranken, das stirbt,
im Glauben, der zuschanden wird,

in den Wundern, die heute geschehen
durch die Kraft des Heiligen Geistes.
Amen.





Wochensprüche

HEUTE, 8. Februar 2015, findet der Abschiedsgottesdienst von K.-H. Schell in Peking statt.
WIR DANKEN IHM FÜR DIE GEISTLICHE NAHRUNG, DIE ER JAHRELANG VERMITTELT HAT.

Die Wochensprüche werden von Pfr. Dr. Karl Heinz Schell in Beijing für seine dortige deutsche Gemeinde geschrieben.

 

Ev. Gottesdienste finden in der Dt. Botschaft statt.

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