Meditation: Micha 6,8

08.09.2013

Evangelischen Gottesdienst mit Abendmahl
am Sonntag den 13.10.2013,  um 15.00 Uhr
in der Kirche des Theologischen Seminars Peking 

Der biblische Wochenspruch zum 20. Sonntag nach Trinitatis

Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.  Micha 6, 8

Erntedank, Religionsfreiheit und christlicher Glaube

 


Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Brüder und Schwestern,

eigentlich ist alles ganz klar: Um einerseits als einzelner Mensch erfüllt zu leben und um andererseits eine Gesellschaft mit sozialer Gerechtigkeit zu haben, sind drei Dinge zu tun:
1. Gottes Wort halten
2. Liebe üben
3. Demütig sein vor Gott

Das ist gutes altes Lutherdeutsch. Gemeint ist dies:
1. nach den 10 Geboten leben; (neutestamentlich gesagt: dem Lebensentwurf Jesu folgen)
2. mich und andere respektvoll behandeln; Gutes tun
3. mich selbst realistisch einschätzen; in allem berücksichtigen, dass ich sterblich bin

Ich hatte in den vergangenen Wochen einige Gespräche mit deutschen und chinesischen Freunden über die Zukunft Chinas. Manche fragen sich, wie lange die Gier nach „immer größer, immer mehr“ noch weitergehen soll. Die Zeiten zweistelliger Wirtschaftswachstumsraten sind vorbei, aber ein für die nächsten Jahre prognostiziertes Wachstum von jeweils 7% ist immer noch ein Mehrfaches von dem aller europäischen Volkswirtschaften.
Inzwischen ist allgemein bekannt, dass man solche Zahlen nur durch Rücksichtslosigkeit Natur, Tieren und Menschen gegenüber erreichen kann. Auch Korruption ist hier zu nennen. Einer meiner Freunde sagte: „Wenn China heute die Korruption beenden würde, hätten wir morgen bessere Luft in den Städten.“ Wer solch einen Satz zum ersten Mal hört, braucht ein bisschen Phantasie, um ihn zu verstehen. Es ist jene Sorte kranker Phantasie, ohne die es Korruption nicht gäbe.

Der Prophet Micha, der sehr gut die Nöte der kleinen Leute kannte, gibt in seiner Mahnrede (vor 2.700 Jahren!) klare Anweisungen gegen eine korrupte Gesellschaft und gegen ein korrumpiertes Selbstbild. Und es wird auch deutlich, dass Gottesbild und Menschenbild ganz eng zusammen gehören. Wer den Vater-Gott des Alten und Neuen Testaments nicht hat, muss sich fragen, von wo er seine Werte bezieht.
Premierminister Xi Jin Ping, so berichtete China Daily in einem ganzseitigen Artikel am 30.09.2013, hofft, dass die traditionellen Religionen Chinas dazu beitragen können, das moralische Vakuum („moral void“) in der Gesellschaft zu füllen. Das überrascht zu hören. Nach vielen Jahrzehnten der Religionsfeindlichkeit hat die KP Chinas begonnen, Religion etwas differenzierter zu sehen. Auch in einem gestrigen Gespräch mit der Staatlichen Religionsbehörde, an dem eine kleine Delegation der Bayerischen Landeskirche und ich beteiligt waren, wurde dieser Trend bestätigt. Das freut mich natürlich als Mensch, Theologe und Religionswissenschaftler. Man sollte nun aber nicht meinen, dass die Partei an dieser Stelle ihre marxistische Grundüberzeugung (dass auf dem Weg zur wahren kommunistischen Gesellschaft Religion ein Zwischenstadium ist, das sich quasi selbst überwindet) aufgibt. Aber: Der Umgang mit diesem Phänomen wird etwas, wie soll ich sagen, alltagsbezogener, pragmatischer und natürlich utilitaristischer. Im erwähnten China Daily Artikel wird dazu Lin Chong Ping zitiert, ein alter politischer Beobachter Chinas, der in Taipei lebt: „Ich sage einmal, wie es ist: Um die Partei und den Staat aus der gegenwärtigen Krise zu führen, muss Xi etwas tun, um das spirituelle Vakuum zu füllen.“

Im Blick auf das Erntedankfest bin ich gespannt, was wir in den kommenden Jahren in diesem Bereich ernten dürfen.
Gott sei Dank, dass es in China auch für die Christen zunehmend mehr Freiheiten in der Religionsausübung gibt. Dabei schaue ich sehr gerne zurück auf unseren Festgottesdienst zum 20-jährigen Gemeindejubiläum am 9. Juni 2013, den wir mit all unseren Glaubensgeschwistern aus der Chinesischen Evangelischen Kirche in der Deutschen Botschaftsschule feiern konnten.

Es bleibt also spannend im Reich der Mitte, das seine Mitte sucht.


Vielleicht sehen wir uns morgen im Theologischen Seminar Peking?
Herzliche Grüße,  Ihr       Pfarrer Karl-Heinz Schell

 

Gebet

Lobe den Herrn, meine Seele,
und vergiss nicht,
was er dir Gutes getan hat.
Gott, du hast mir viel gegeben
und gibst mir noch immer Tag für Tag.
Lass mich nicht vergesslich werden.
Amen.

 

Segen

(adapted from: Sinfonia Oecumenica)

Go in the strength which has been given to you,
keeping watch for love,
and for the dignity of each individual.
Christ has gone before you.
He is waiting for you, where your tasks are to be done.
Amen.

 

 

 

Wochensprüche

HEUTE, 8. Februar 2015, findet der Abschiedsgottesdienst von K.-H. Schell in Peking statt.
WIR DANKEN IHM FÜR DIE GEISTLICHE NAHRUNG, DIE ER JAHRELANG VERMITTELT HAT.

Die Wochensprüche werden von Pfr. Dr. Karl Heinz Schell in Beijing für seine dortige deutsche Gemeinde geschrieben.

 

Ev. Gottesdienste finden in der Dt. Botschaft statt.

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