Meditation: Psalm 103,2

09.09.2012, 14. Sonntag nach Trinitatis

Der Wochenspruch:

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.     Psalm 103, 2

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Brüder und Schwestern,

„... und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat."
Mit dem Vergessen, das ist so eine Sache, besonders in einer schnelllebigen Stadt wie Peking.

Da ist ein ständiges Kommen und Gehen, ein Begrüßen und Verabschieden. „Welches Jahr ist das wichtigste für uns Deutsche hier?", fragte ich kürzlich jemanden an der Schule, „das Kirchenjahr, das Kalenderjahr, oder das Expatsaisonjahr?" Die Antwort war klar: das letztere.

Allerdings hat das Expatsaisonjahr und unsere besondere Art zu leben schon etwas Surreales: Übermäßig volle Terminkalender beim Saisonstart, ausgesparte Kalender-Wüstenregionen in den Ferien (aber nicht für alle). Das geht dann so: Voller Puls im Pekinger Alltag, und kaum sind die Ferien eingeläutet, sitzen viele schon im Flieger nach Deutschland (oder woandershin), nach dem Prinzip ‚Hauptsache weg' („China-Allergie", it's a „love-hate-relatonship") oder ‚Hauptsache nach Hause' (Heimweh; Lust auf Entschleunigung, gute Luft und sauberes Wasser). Und bei der Rückkehr nach China, .. da ruft man nach der Landung und noch im Flugzeug schon wieder die ersten Emails ab, schüttelt alle Saisonjahre wieder verständnislos den Kopf und sagt zwischen email 27 und 28: „Das hört ja überhaupt nicht auf".

Alles geht so schnell, und so schnell vorbei; der Seele fehlt die Zeit zur Verdauung des Erlebten; man wundert sich über diesen oder jenen Bekannten/ Freund/ Kollegen, der auf einmal nicht mehr da ist, hat aber auch kaum Zeit, sich Fotos aus der gemeinsamen Zeit anzuschauen. „Der Abschied aus Peking ist so etwas wie die eigene Beerdigung, die man selbst durchführt.", sagte jemand, der sehr lange hier gelebt hat. „Man lässt sich lebendig begraben, denn kaum ist man weg, ist man nach kurzer Zeit vergessen."

„.. und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat."
Diese Worte rütteln uns wach, gerade jetzt, am Anfang des Expatsaisonjahres. Das ist gut und heilsam. In ein Lied gefasst, lauten sie:

Vergiss nicht zu danken dem ewigen Herrn,
er hat dir viel Gutes getan.
Bedenke, in Jesus vergibt er dir gern,
du kannst ihm, so wie du bist, nah'n.
Barmherzig, geduldig und gnädig ist er,
viel mehr als ein Vater es kann.
Er warf uns're Sünden in's äußerste Meer,
kommt betet den Ewigen an.

Barmherzigkeit, Geduld, Gnade – alte, tief reichende Worte. Wurzelworte. Reale göttliche (und deshalb: menschliche) Werte als Gegenmittel, als Kontraindikation gegen die surrealen Wucherungen unseres Alltags.

Ich lade Sie ein: Kommen Sie in unsere Gottesdienste! Das ist Auszeit. Da erinnern wir uns gemeinsam an das Gute, das Gott uns getan hat. Da feiern wir das Leben.
Schuld wird vergeben, und für neue Anfänge werden Türen geöffnet.

Mit herzlichen Segensgrüßen, Ihr     Pfarrer Karl-Heinz Schell

Hymnus

Unsere katholischen Glaubensgeschwister feiern am Samstag, den 8. September das Fest der Geburt Marias, das wahrscheinlich auf das Weihefest der Annakirche in Jerusalem zurückgeht. In der Ostkirche wurde das Fest schon um 500 n.Chr. gefeiert, in der Westkirche seit etwa dem 7. Jahrhundert. Im Stundengebet der Benediktinerinnen-Abtei Kellenried (bei Ravensburg, nördlich des Bodensees) findet sich untenstehender Hymnus.
Aus Martin Luthers Sicht ist Maria Vorbild im Glauben und Vorbild der Kontemplation.

Sei gegrüßt du, Mutter Christi, Jungfrau, die sich Gott erwählt,
Tochter eines heil'gen Volkes, Ruhm des Hauses Israel.
Du hast uns den Sohn geboren, der das Heil in Fülle bringt.
Selig preisen dich die Völker bis ans Ende dieser Welt.
Magd des Herrn, durch deine Demut hast du Gottes Huld erwirkt,
hast das Wort für uns empfangen, das der Vater uns gesandt.
Hilf uns, dieses Wort ergreifen, arm, gehorsam, so wie du.
Trag es mit uns durch die Zeiten, dass es neues Leben wirkt,
dass es unser Dunkel lichtet und den Weg zur Freude weist.
Hilf, dass auch in unserm Leben Gottes Plan sich ganz erfüllt.
ewig werden wir dann singen von der Liebe, die uns rief,
werden Dank dem Vater sagen durch den Sohn im Heil'gen Geist.

Segen

Gott segne dich mit einem Glauben,
durch den du fest stehst in Ihm.
Er segne dich mit einem Glauben,
in dem du dich von Ihm führen lässt.
Er segne dich mit einem Glauben,
der dich täglich zu einem neuen Menschen macht.
Amen.

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Change may be an event, but most of the time, it's a process.

 

Wochensprüche

HEUTE, 8. Februar 2015, findet der Abschiedsgottesdienst von K.-H. Schell in Peking statt.
WIR DANKEN IHM FÜR DIE GEISTLICHE NAHRUNG, DIE ER JAHRELANG VERMITTELT HAT.

Die Wochensprüche werden von Pfr. Dr. Karl Heinz Schell in Beijing für seine dortige deutsche Gemeinde geschrieben.

 

Ev. Gottesdienste finden in der Dt. Botschaft statt.

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