Meditation: Römer 8,14

Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache (EGDS) Peking, China
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Der biblische Wochenspruch zum 1. Sonntag nach Epiphanias (11.01.2015) lautet:

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.  Römer 8, 14

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Brüder und Schwestern,

„Wes Geistes Kind ist er denn?“, so fragt man sich auf Deutsch dann, wenn man wissen will, welche Gesinnung jemand hat. Diese Redensart geht auf eine Stelle im Schlussteil von Lukas 9, 55 (in einer historisch jüngeren Version als der Rest des Verses) zurück, wo Jesus seine Jünger an ihre Herkunft und Zugehörigkeit erinnert: „Wisst ihr nicht, wes Geistes Kinder ihr seid? Der Menschensohn ist nicht gekommen, das Leben der Menschen zu vernichten, sondern zu erhalten.“

Ich erlaube mir an dieser Stelle eine kurze Exkursion in die Geschichte unserer deutschen Sprache:
Kaum einer benutzt diese Formulierung heute im Alltag. Ich dachte, es handle sich bei „wes“ um eine Kurzform von „wessen.“ Aber tatsächlich, so stellt ein Verfasser auf www.belleslettres.eu fest, ist das Gegenteil der Fall: „Wes ist nicht die Verkürzung aus wessen, son¬dern um¬gekehrt wes¬sen die Ver¬länge¬rung von wes; ebenso ist dessen eine Ver¬länge¬rung aus des und deren aus der. Diese Lang¬formen sind erst im 16. Jahr¬hun¬dert im west-lichen Hoch¬deutsch (Köln bis Stutt¬gart) über desse und desses ent¬stan¬den und haben sich in den fol¬gen¬den Jahr-hunder¬ten ins Sprach¬zen¬trum aller Deutsch¬sprecher ein¬geschli¬chen.“ Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie Luthers Bibeldeutsch unsere Sprache bis heute durchdrungen hat.

Im Zusammenhang dieser Stelle bei dem Evangelisten Lukas finden Geisteraustreibungen statt. An einem Ort in Samarien werden die Jünger nicht willkommen geheißen.
Dies ist zu verstehen auf dem Hintergrund ständiger Auseinandersetzungen, die Juden und Samaritaner wegen ihres unterschiedlichen Gottesverständnisses hatten. Die Samaritaner waren bei den Juden nicht angesehen, weil die Juden sich selbst als die Rechtgläubigen sahen. Deshalb war es ein Affront gegen das religiöse Establishment, als Jesus in der Geschichte vom barmherzigen Samariter einen Samaritaner höher bewertete als seine eigenen Religionsgenossen.

Über das Abgelehntwerden sind Jakobus und Johannes offenbar so verletzt und verärgert, dass sie die entsprechenden Orte am liebsten mit – Zitat - „Feuer vom Himmel“ zerstören würden. Genau dann weist Jesus sie daraufhin, dass er die Menschen – auch die Andersgläubigen - nicht vernichten, sondern erhalten will. Auf dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse in Paris könnte man sagen: Hier begegnet uns eine ganz frühe Antiterrorismusschule, eine Erziehung zum Frieden.

Paulus nimmt diesen Gedanken einer fundamentalen und friedensstiftenden Zugehörigkeit zu Gott auf und führt ihn aus im Hinblick auf christliche Lebensgestaltung. In gewisser Weise ist das auch schon bei Lukas angelegt, denn er lässt Jesus im Anschluss an die Jüngerermahnung (Lukas 9, 57-62) drei ganz wichtige Kernsätze der Nachfolge sagen: Jesus und seine Jünger haben hier auf Erden kein Zuhause; sie sind auf der Durchreise. Ein Jünger steckt nicht in Vergangenem fest, sondern er ist frei zur Verkündigung der Botschaft des neuen Lebens. Seine gesamte Haltung ist zukunftsorientiert.

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Im Treiben steckt das Wort Antrieb. Wie wichtig ein Antrieb ist, dass wissen insbesondere diejenigen von unseren Ingenieuren, die aus Deutschland nach China gekommen sind, um Antriebstechnik zu produzieren und zu verkaufen. Auch unsere Lehrer an der Deutschen Schule, die ihre Schüler zu guten Leistungen anspornen und antreiben, wissen das. In dem einen Fall geht es um Kinetik, im anderen um Motivation. Das eine – vereinfacht gesagt – hat mit dem äußeren, das andere mit dem inneren Menschen zu tun. In beiden Fällen steht im Mittelpunkt Energie.

Und da schließt sich der Kreis. Denn der Geist Gottes, von dem Paulus spricht, der Heilige Geist, das ist die Energie Gottes (griech.: energeia tou theou). Als Gottes Kinder sind wir mit dem größten Kraftwerk aller Zeiten, mit dem mächtigsten Bewegungsgeber und dem kompetentesten Motivator verbunden.

Wenn alles glatt läuft im Leben, fällt uns das nicht auf. Aber bei Störungen und Krisen ist es gut zu wissen, wo wir seit unserer Taufe „angedockt“ sind, wo wir herkommen, und wo wir hingehören.
Lassen Sie sich im neuen Jahr in guter Weise (s.o.) antreiben, treiben sie sich selbst nicht zu heftig an, und lassen Sie sich auch schon mal treiben.

Das wünscht ihnen, mit herzlichen Segensgrüßen zum neuen Jahr 2015,  Ihr   Pfarrer Karl-Heinz Schell


P.S.: Viel frohe Bewegung gibt es auch hier, vielleicht kennen Sie`s schon…
Happy in Beijing  -  https://www.youtube.com/watch?v=_gPPJdLL0OY

Fürbitte

Aus: Liturgische Texte der EKHN

Wo Unwissenheit, Selbstsucht und Unverständnis
das Leben in der Gemeinschaft zerbrochen haben,
sende dein Licht, Gott der Liebe.

Wo Ungerechtigkeit und Unterdrückung
den Lebenswillen der Völker zerbrochen haben,
sende dein Licht, Gott der Befreiung.

Wo Hunger und Armut, Krankheit und Tod
das Leben zu einer unerträglichen Last gemacht haben,
sende dein Licht, Gott der Gnade.

Wo Misstrauen und Hass, Streit und Krieg
die Welt vergiften und das Leben zerstören,
sende dein Licht, Gott des Friedens.
Amen.

Der Segen der Taufe

aus: TeDeum, 2015

Taufe
ein Bad
dem du wie neugeboren
entsteigst

Taufe
eine Geburt
in eine große Familie
hinein

Taufe
ein Name
wird dir zuteil:
meine Tochter…
mein Sohn…

Taufe
ein Vater
steht zu dir mit seiner Liebe:
DU BIST GOTTES KIND.







Wochensprüche

HEUTE, 8. Februar 2015, findet der Abschiedsgottesdienst von K.-H. Schell in Peking statt.
WIR DANKEN IHM FÜR DIE GEISTLICHE NAHRUNG, DIE ER JAHRELANG VERMITTELT HAT.

Die Wochensprüche werden von Pfr. Dr. Karl Heinz Schell in Beijing für seine dortige deutsche Gemeinde geschrieben.

 

Ev. Gottesdienste finden in der Dt. Botschaft statt.

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